Helmut Wolf

 

 

Montanarchäologische Spuren des frühen Eisenerzbergbaus

und der Verhüttung in Ostbayern

 

 

 

Aufgrund der reichen und leicht gewinnbaren Eisenerze setzten in der Oberpfalz bereits vor zwei Jahrtausenden Bergbau und Eisenverhüttung ein. Ihre wirtschaftliche Blütezeit erlebte diese Region in der Zeit vom 14. bis zum beginnenden 17. Jahrhundert. Mit Recht kann die Oberpfalz für diesen Zeitraum als europäisches Eisenzentrum bezeichnet werden.

 

Organisatorische Grundlage des Eisengewerbes der Oberpfalz war die „Große Hammereinung" von 1387, ein Vertrag der Bürger der Städte Amberg und Sulzbach, die sich mit Bürgern der Stadt Nürnberg, welche Hammerwerke betrieben, und weiteren Hammermeistern zu einem kartellartigen Verbund zusammengeschlossen hatten.

Die strengen Bestimmungen der Hammereinung, die technische Neuerungen nur schwer zuließen, führten im beginnenden 17. Jahrhundert bereits zu einem Niedergang des Oberpfälzer Montanwesens. Ende des 17. und am Beginn des 18. Jahrhunderts waren es die landesherrlichen Eisenhütten, die mit der Erzeugung von Gußeisen und Stahl in der Oberpfalz die moderne Hüttentechnologie einführten.

Einen erneuten Aufschwung erlebte die Montanindustrie der Region mit dem Eisenbahnbau in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die „Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte“ und die Luitpoldhütte in Amberg bauten die ersten Kokshochöfen in der Oberpfalz.

 

Die letzten Jahre sind von einer weltweiten Krise der Stahl- und Eisenindustrie geprägt, deren Wirkung auch auf die Oberpfalz ausstrahlt, wie die Ereignisse um den Konkurs der Maxhütte im April 1987 zeigen. 2002 erfolgte die endgültige Stillegung des Hüttenwerkes, während das Rohrwerk seinen Betrieb weiterführt.

 

 

Eisenerz und Eisen

 

Unter den zahlreichen mineralischen Rohstoffen Ostbayerns kam dem Eisenerz über viele Jahrhunderte eine besondere Bedeutung zu. An erster Stelle stehen hier die Kreideerze in ihrem Hauptverbreitungsgebiet im Raum Amberg – Sulzbach-Rosenberg – Auerbach. Andere wichtige Lagerstätten im Raum Pegnitz - Auerbach sind die Doggererze und die Brauneisenerze in der Oxidationszone von Sulfiderzkörpern. Bei der Eisenverhüttung wird aus oxidischen und hydroxidischen Eisenverbindungen durch Reduktion das Metall erschmolzen.

 

 

Die Anfänge des Eisenwesens

 

Eisenverhüttung ist in Ostbayern für die Latènezeit (450 – 50 v. Chr.) bezeugt, und zwar im keltischen Oppidum am Michelsberg bei Kelheim und in der Siedlung Berching-Pollanten. Die Rohstoffe für die Eisenverhüttung bezog man stets aus der näheren Umgebung. Im Rahmen einer Dissertation (Mahler, F., 1991) fand die Freilegung eines Eisenschlackenbergs im Paintener Forst statt, in dessen unmittelbarer Umgebung auch Trichtergruben vorhanden sind. Zwei C14-Datierungen an Holzkohlen der Schlacken ergaben ein Alter von über 2000 Jahren.

 

Im frühen Bergbau wurden entweder zutage austretende Erzkörper soweit als möglich in die Tiefe verfolgt oder Schächte abgeteuft, teilweise bis zu 10 m. In einer Kiesgrube bei Kelheim wurden solche Schächte angeschnitten. Bei Nachschürfungen ergaben sich die typischen Eisenerzhorizonte und darin fanden sich Eisenerzschwarten.

 

In Lehmöfen wurde das Erz nach dem Rennfeuerverfahren verhüttet: In einem kegelförmigen Ofen bildete sich bei Temperaturen zwischen 1200 und 1300 Grad Celsius eine schwammige Eisenluppe, ein Gemenge aus Eisenkristallen und Schlacken, das sich am Ofenboden absetzte. Die Luftzufuhr erfolgte über Tondüsen. Nach Aufbrechen des Ofens konnte die Luppe entnommen werden. Sie wurde zerteilt, nochmals aufgeheizt (aufgekohlt) und vor ihrer weiteren Verarbeitung durch Ausschmieden von Verunreinigungen befreit. Nach diesem Verfahren erfolgte die Verhüttung von Eisenerzen noch bis ins späte Mittelalter.

 

Während also im Raum Regensburg - Kelheim - Parsberg spätkeltische Eisenverhüttung durch C14-Datierung nachgewiesen ist und damit auch der Bergbau betrieben worden sein muß, fehlen Hinweise im Raum Amberg - Sulzbach bislang für diese Zeit. Der Grund hierfür dürfte in der bislang fehlenden Forschungstätigkeit zu suchen sein. Das Fehlen einschlägiger Untersuchungen, aber auch die Tatsache, dass durch den intensiven Bergbau in den erzreichen Gebieten um Amberg und Sulzbach in der Zeit vom 14. bis 17. Jahrhundert Spuren früherer Tätigkeiten verwischt sein können, erschweren sicherlich diese Arbeiten. Zwar sind mir z. B. Trichtergruben im Umfeld von Theuern bekannt, es fehlen aber Hinweise auf Eisenverhüttung in Rennöfen (belegt durch Schlacken- und Tondüsenreste) im Nahbereich der Gruben.

 

Bei Ausgrabungen im Stadtkern von Amberg 1985/86 stieß man auf Eisenschlacken und Keramikreste, deren Auswertung eine Verhüttungstätigkeit in Amberg für das 11. und 12. Jahrhundert gesichert nachweist. Derzeit gilt dieses Datum als Beginn der Montanregion Amberg-Sulzbach. Wenn aber in anderen Gebieten, in denen die oberflächennahen Eisenerzvorkommen nicht so verbreitet waren, bereits der Bergbau und die Verhüttung eingesetzt haben, ergeben sich schon berechtigte Zweifel an dem "späten" Beginn im Raum Amberg - Sulzbach.

 

 

Die Hammereinung, Voraussetzung für den Aufschwung im Hüttenwesen

 

Die Große Hammereinung von 1387 bildete den Grundstein für die Wirtschaftsordnung im Eisengewerbe der Oberpfalz. Sie regelte bis ins 17. Jahrhundert Produktion, Lohnkosten, Normierung der Produkte und Verhüttungsverfahren. Die Mitglieder der Einung waren verpflichtet, das Erz zur Verhüttung in den Hammerwerken aus Amberg oder Sulzbach zu beziehen. Es werden deshalb kaum Gruben im Umfeld der Hammerwerke zu finden sein. Das Erz wurde zu den z. T. weit entfernten Hammerwerken gebracht, dort zu schmiedbarem Eisen verhüttet und in Form von Eisenschienen nach Amberg oder Sulzbach transportiert. Von hier aus gelangte das Eisen entweder mit Fuhrwerk nach Nürnberg oder per Schiff nach Regensburg.

 

In den Jahrhunderten ihres Bestehens entwickelte sich das Vertragswerk zu einer eigenständigen Institution von großer Autorität. Da sich jedoch die Bestimmungen der Hammereinung geänderten wirtschaftlichen Situationen nur sehr langsam anpaßten und technischen Innovationen gegenüber keine Aufnahmebereitschaft zeigten, wurde sie schließlich zu einem Hemmschuh für die Weiterentwicklung des Eisengewerbes der Region.

 

Die Hammerwerke

Fand ursprünglich die Eisenverhüttung in Rennöfen nahe der Erzgruben statt, so verlegte man ab der Mitte des 13. Jahrhunderts in der Oberpfalz wie auch in anderen Eisenregionen die Eisenverhüttung aus den Grubenfeldern an Flußläufe, um sich der Wasserkraft zu bedienen. Die eisenverhüttenden Betriebe, die Schienhämmer, erzeugten im Zerrenn- und Wellherd schmiedbares Eisen in Form von Halbfertigprodukten, den „Schienen“. Eisenverarbeitende Betriebe, wie die Blechhämmer, aber auch Draht-, Zain- und Waffenhämmer verarbeiteten die Produkte der Schienhämmer weiter.

 

Hammergüter bestanden meist aus größeren Wirtschaftseinheiten; neben dem Hammerwerk wurde auch Land- und Forstwirtschaft betrieben. Die in Meilern und Gruben hergestellte Holzkohle benötigte man in den Hammerwerken zur Verhüttung der Erze.

 

Die in der Hammereinung festgelegte Verhüttung im Zerrennherd war gegen Mitte des 16. Jahrhunderts bereits überholt. Andere Bergbauregionen wie Kärnten, die Steiermark oder das Siegerland hatten seit Jahrzehnten den leistungsfähigeren Holzkohlehochofen eingesetzt. Billigeres und besseres Eisen aus diesen Gebieten überschwemmte die Eisenmärkte und drängte das Oberpfälzer Eisen immer weiter zurück.