ln-situ Fixierung von Schadstoffen in der Uranerzgrube Königstein der Wismut GmbH durch eine gesteuerte BaSO4 Kristallisation

Gerald Ziegenbalg1, Jochen Schreyer2

1) Bergakademie Freiberg, Institut für Technische Chemie, Leipziger Strasse 29,

   09596 Freiberg

2) Wismut GmbH, Jagdschänkenstrasse 29, 09034 Chemnitz

1.         Einleitung

Seit Beendigung des Uranabbaues im Jahre 1990 laufen vielfältige Arbeiten und Untersuchungen zur sicheren Verwahrung der Grube Königstein der Wismut GmbH. Im Mittelpunkt steht dabei die Realisierung eines gesteuerten Flutungsprozesses. Um eine Gefährdung der Grundwasserleiter zu vermeiden, werden die schadstoffhaltigen Flutungswässer in einer speziell aufgefahrenen Kontrollstrecke erfasst und anschließend übertägig aufbereitet. Neben der Möglichkeit Schadstoffe vor der Flutung durch einen Waschprozess zu entfernen, ist insbesondere der Einsatz von in-situ Immobilisierungsverfahren zur Reduzierung des Schadstoffanfalls von Interesse. Eine Fixierung von Schadstoffen erfordert dabei, sowohl die in anwesenden Porenwässern gelöst vorliegenden Schwermetalle zu binden als auch sekundäre Laugungsprozesse bei einem Zutritt von Wasser zu verhindern. Bisher bekannte Verfahren zur in-situ Immobilisierung von Schwermetallen können auf Grund der Spezifik der Lagerstätte sowie der angewandten Gewinnungstechnologie nicht genutzt werden. So ist der Einsatz von Lösungen, die bei einem Vermischungsprozess mit Porenlösungen zur Ausfällung von schwerlöslichen Verbindungen führen problematisch. Eine gesteuerte Vermischung von zwei Lösungen ist in einem porösen Gestein nur schwer zu realisieren. Es kommt oftmals nur zu Mischungsprozessen in den Randzonen zwischen beiden Lösungen. Im Falle des Ablaufens von Fällprozessen werden diese sehr schnell erfolgen und im ungünstigsten Fall zu einem Verschluss der Aufgabebohrungen führen, d.h. es können nur sehr geringe Reichweiten erzielt werden. Möglichkeiten einer zeitlichen Steuerung des Fällprozesses sind nicht gegeben.

Aufbauend auf langjährigen Untersuchungen zu Kristallisationsprozessen aus übersättigten Lösungen konnte ein neuartiges Verfahren zur in-situ Schadstoffimmobilisierung entwickelt werden, welches auf dem Einsatz von BaSO4 bildenden Lösungen beruht. Dieses ermöglicht sowohl eine Fixie­rung gelöster Schadstoffe als auch eine Immobilisierung von reaktiven Mineraloberflächen. Der nachfol­gende Artikel gibt einen Überblick über die Grundlagen des Verfahrens und fasst den Weg von Labor- und Technikumsuntersuchungen über Feldtests bis hin zur Anwendung zur Sanierung ausgewählter Bereiche zusammen.

2.         Grundlagen der entwickelten Technologie

Die Herstellung von Lösungen die zu einer zeitlich steuerbaren BaSO4 Kristallisation führen ist auf drei Wegen möglich:

1. Vermischung von BaCl2 und Na2SO4-haltigen Lösungen,

2. Neutralisation von Ba(OH)2- Lösungen mit verdünnter Schwefelsäure,

3. Vermischung von Ba(OH)2-Lösungen mit Na2SO3-haltigen Lösungen.

Wesentlich ist dabei, dass der Vermischungsprozess in Gegenwart eines Fällungsverzögerers durchgeführt wird, andernfalls erfolgt eine spontane, quantitative Ausfällung ohne, dass Möglichkeiten einer zeitlichen Kontrolle gegeben sind. Bereits Inhibitorgehalte von 1 mg/l ermöglichen die Stabilisierung eines BaSO4-Gehaltes von 45 mg/l über einen Zeitraum von mehreren Tagen (Bild 1). Eine elegante Möglichkeit, reine BaSO4-Lösungen zu synthetisieren, ist durch die Vermischung von Ba(OH)2-Lösungen mit verdünnter Schwefelsäure gegeben. Der Inhibitorzusatz verhindert eine spontane Fällung und es können langzeitstabile Übersättigungen aufgebaut werden. Bild 2 zeigt den Verlauf der BaSO4-Fällung bei einer Inhibitorkonzentration von 100 mg/l. Während Ba2+-Konzentrationen von 100 mg/l über einen sehr langen Zeitraum stabil in Lösung gehalten werden, weisen 200 mg/l Ba2+ enthaltende Lösungen nur eine zeitlich begrenzte Stabilität auf. Eine Ba2+-Konzentration von 100 mg/l

Bild 1: Verlauf der BaSO4-Fällung aus übersättigten Lösungen in Gegenwart von unterschiedlichen Inhibitoren bei einer Inhibitorkonzentration von 1 mg/l

Bild 2: Verlauf der BaSO4-Fällung in Abhängigkeit von der Inhibitorkonzentration.

entspricht dabei etwa dem 70-fachen der Gleichgewichtskonzentration. Der Übersättigungsabbau wird durch folgende Prozesse beeinflusst:

·                  Zersetzung des Fällungsverzögerers (z.B. durch Hydrolyse) und damit Aufhebung von dessen Wirkung,

·                  Adsorption des Fällungsverzögeres an Gesteinsoberflächen,

·                  Ausfällung des Inhibitors bei einem Kontakt mit anstehenden Poren- oder Kluftwässern

Bei einem Einsatz von Na2SO3 als sulfatbildender Komponente weisen die resultierenden Lösungen einen reduzierenden Charakter auf, gleichzeitig sind sie alkalisch. Die Stabilität der Lösung wird wiederum durch die Inhibitorkonzentration bestimmt. Zur Erhöhung der Immobilisierungskapazität können geringe Anteile an verdünnter Wasserglaslösung zugesetzt werden. Es resultiert eine Aufgabelösung, die bei gleichen Inhibitorkonzentrationen eine höhere Stabilität aufweist als vergleichbare, unter Einsatz von verdünnter Schwefelsäure hergestellte, Lösungen.

Die Zusammensetzung der BaSO4-bildenden Lösungen kann in weiten Bereichen variieren. Damit ist es möglich, diese an die jeweils zu lösende Aufgabestellung gezielt anzupassen.

3.         Ergebnisse von Technikumsversuchen

Zur Untersuchung der erzielbaren Schadstofffixierung sowie zur Bestimmung der Stabilität der gebildeten Fällprodukte wurden eine Vielzahl von Durchströmungsversuchen sowohl an kompaktem Sandstein als auch an gelaugten und ungelaugtem Haufwerk durchgeführt. Die für die Untersuchungen an kompaktem Sandstein aufgebaute Versuchsapparatur ist in den Bilder 3 und 4 dargestellt. Es sind Sandsteinsäulen mit einem Durchmesser von 30 cm und einer Länge von 2 m, welche aus plan geschnittenen Bohrkernen zusammengesetzt wurden. Die Bohrkerne stammten aus einem ehemaligen Laugungsblock in der Grube Königstein. Die Abdichtung erfolgte durch ein Versiegeln der Oberfläche mit Latex sowie einer abschließenden Beschichtung mit Gebinden aus Kaltteer, die durch eine Heißluftbehandlung verschmol­zen wurden. Die Säule wurde von oben nach unten mit einer 170 mg/l BaSO4 enthaltenden Lösung beaufschlagt. Der mittlere Volumenstrom betrug 8 l/d, der Aufgabedruck lag bei 0,3 bar. Nach Beendigung der Aufgabe BaSO4-übersättigten Lösung begann die über einen Zeitraum von 19 Tagen erfolgende Aufgabe von 106,5 l Wasser. Danach wurde für einen Zeitraum von 7 Tagen  der Lösungsaustritt unterbunden und es erfolgte im Anschluss eine erneute Aufgabe von 60 l Wasser.

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Bild 3: Versuchsstand		 
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Bild 4:  Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus  
Zur Herstellung der Injektionslösung wurde natürliches Grundwasser der Grube Königstein mit einem pH-Wert von 6,78 und einer Leitfähigkeit von 0,196 mS/cm eingesetzt. Dieses wurde auch in den anschließenden Waschprozessen genutzt. Die Herstellung der BaSO4-übersättigten Lösungen erfolgte diskontinuierlich, wobei als lösliche Ba2+-Komponente Ba(OH)2*8H2O zum Einsatz kam. Nach einem Auflösen wurde die resultierende Ba(OH)2-Lösung unter intensivem Vermischen dem Drainagewasser zugesetzt. Dieses enthielt den Inhibitor in einer Konzentration von 100 mg/l. Die Einstellung des pH-

Bild 5: An den beiden Messpunkten erfasste Rücklaufvolumen

Wertes erfolgte mit 0,01 N H2SO4. Über einen Versuchszeitraum von 54 Tagen erfolgte die Aufgabe von insgesamt 300 l übersättigter Lösung. Es wurden 278 l Rücklauflösung erhalten, welche in der Mitte der Säule sowie als Sammelprobe am unteren Rand erfasst wurde. Bei einem Volumen der Sandsteinsäule von ca. 141 l und einer Volumenporosität von 19% entsprach dies bei einem Anteil an freien Poren von 63% einem 16fachen Austausch des Porenvolumens. Insgesamt wurden 51 g BaSO4 in die Säule eingebracht.

Zu Versuchsbeginn traten die Lösungen überwiegend aus der Mitte der Säule aus, es wurden nur geringe Lösungsmengen aus den Randbereichen erfasst. Mit zunehmender Versuchsdauer nahmen jedoch die aus der Mitte austretenden Lösungsvolumina ab während die aus den Randbereichen austretenden Lösungsmengen anstiegen. Dieser Effekt ist auf eine Permeabilitätsverringerung in den von der BaSO4-übersättigten Lösung durchflossenen Bereichen zurückzuführen. Die Lösung nahm zu Versuchsbeginn den kürzesten Weg zwischen Aufgabe- und Austrittstelle. Mit zunehmender Versuchsdauer bewirkte die in der Säule ablaufende BaSO4-Kristallisation einen zumindest teilweisen Verschluss der Hauptfließwege, so dass sich die Lösung zunehmend auf die Randbereiche verteilte und diese durchströmte. In den sich an die BaSO4-Aufgabe anschließenden Waschprozessen kam es zu keinen Veränderungen in den Strömungsverhältnissen, das aufgegebene Wasser verteilte sich im Sandsteinblock und trat bevorzugt an den Randbereichen aus (Bild 5 ). Die Ergebnisse zeigen, dass die eingebrachten 51 g BaSO4, die bei einer Dichte von 4,5 g/cm3 lediglich ein Volumen von 11,3 ml einnehmen, zu einer Permeabilitätsverringerung führen, die nicht durch ein großflächiges Verfüllen von Fließwegen zu erklären ist. Es erfolgt ein Verschluss der Fließwege durch eine Kristallisation an bevorzugt durchströmten Bereichen, die dann Zuwachsen und somit zu einer Verringerung oder Unterbindung weiterer Strömungsvorgänge führen.

Der Verlauf der Leitfähigkeit sowie des pH-Wertes der während der BaSO4-Aufgabe ausdrainierenden Lösungen ist in Bild 6 dargestellt. Der schnelle Anstieg der Leitfähigkeit weist auf ein Verdrängen von Porenlösungen sowie auf die anfängliche Auflösung von leicht löslichen Sekundärmineralen hin. Es entstehen Lösungen mit einem pH-Wert zwischen 1,6 und 2,2. Bereits nach dem Ausdrainieren eines dem Porenvolumen entsprechenden Lösungsvolumens verdeutlicht die stark gesunkene Leitfähigkeit das Austreten von Lösungen mit einem erheblich reduzierten Schadstoffgehalt. Dabei ist der prinzipielle Konzentrationsverlauf in den Lösungen von beiden Probenahmestellen gleich. Mit zunehmender Aufgabe an BaSO4-Lösung kommt es zu schnell abfallenden Schadstoffkonzentrationen (Bild 7). Nach dem Durchsatz des zweifachen Porenvolumens weisen die Lösungen, trotz eines pH-Wertes von

Bild 6: Verlauf der Leitfähigkeit und des pH-Wertes an den beiden Messstellen

Bild 7: Schadstoffverlauf in den austretenden Lösungen (Messstelle: Mitte)

2,2, Konzentrationen auf, die nur geringfügig über denen des eingesetzten Grundwassers liegen (vgl. Tab. 1). Die pH-Werte der in den Randbereichen erfassten Lösungen steigen schneller an, unterliegen jedoch auch stärkeren Schwankungen als in den aus dem Mittelbereich austretenden Lösungen. Ansteigende pH-Werte verdeutlichen, in Verbindung mit dem kurzfristigen Austreten von Ba2+-haltigen Lösungen, die schrittweise Ausbildung von immobilisierten Bereichen. Wieder abfallende pH-Werte zeigen das Vordringen der Lösung in bisher unbeeinflusste Bereiche. Dies wird durch das Ablaufen von Kristallisationsprozessen möglich, die zu einem Verschluss von Fließwegen führten und somit eine Veränderung der Strömungsverhältnisse bewirkten.

Tab. 1: Schadstoffgehalte der nach dem Durchsatz von einem Porenvolumen austretenden Lösungen im Vergleich zum eingesetzten Wasser:

 

zur Lösungsherstellung genutztes Grundwasser

Zusammensetzung nach  Durchsatz eines Porenvolumens

 

zur Lösungsherstellung genutztes Grundwasser

Zusammensetzung nach Durchsatz eines Porenvolumens

Zeit /d/

0

3,2

Cr[mg/l]

0

0

erfasstes Volumen

-

21,1

Cu[mg/l]

0

0

TDS [g/l]

0,11

0,44

Fe[mg/l]

0

4,5

pH

6,78

2,2

Mg[mg/l]

22

4,3

Lf [µs/cm]

196

1124

Mn[mg/l]

0,1

0,31

Cl [mg/l]

17,9

34

Mo[mg/l]

0

0

SO42- [mg/l]

55,9

277

Na[mg/l]

6,6

41

Al[mg/l]

0,02

5,5

Ni[mg/l]

0

0,2

As[mg/l]

0,02

0,05

Pb[mg/l]

0

5,1

Ba[mg/l]

0,11

0,03

Sr[mg/l]

0,03

1,7

Ca[mg/l]

29

42,3

U[mg/l]

0

0,05

Cd[mg/l]

0

0

Y[mg/l]

0

0,12

Ce[mg/l]

0

0

Zn[mg/l]

0

1,8

Co[mg/l]

0

1,6

Zr[mg/l]

0,01

0

 

Die sich anschließenden beiden Etappen der Aufgabe von Wasser führten zu keinem erneuten Freisetzen von Schadstoffen. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass sowohl eine Unterbindung von neuen Löseprozessen als auch eine Fixierung von gelösten Schadstoffen erzielt wurde. Neben der Kristallisation von BaSO4 sollten auch Hydroxidfällungen sowie Adsorptionsprozesse zu dieser drastischen Reduzierung der Schadstoffgehalte der austretenden Lösungen geführt haben.

4.         Ergebnisse von Feldtests

Zur Untersetzung und Überprüfung der Labor- und Technikumsuntersuchungen wurden umfangreiche Feldtests sowohl im Quadersandstein als auch in magazinierten Bereichen der Grube Königstein durchgeführt. Die Untersuchungen zur Schadstoffimmobilisierung in gelaugtem Quadersandstein sind in den Bildern 8-11 zusammengefasst. Die BaSO4-Lösung wurde durch eine kontinuierliche Vermischung von Ba(OH)2-Lösung, Inhibitorkonzentrat und verdünnter H2SO4 hergestellt und simultan über 6 Bohrlöcher im ersten Erzhorizont in das Gestein eingebracht (Bild 8). Nach dem Passieren des Blockabschnittes erfolgte im 2. Erzhorizont die Erfassung der Rücklauflösungen über Drainagebohrungen bzw. als Stoßdrainage. Über einen Zeitraum von 8 Wochen erfolgte die Aufgabe von ca. 5.200 m3 BaSO4-übersättigter Lösung mit einem mittleren Gehalt von 200 mg/l. Der Schadstoffverlauf in den unmittelbar unter den Aufgabebohrungen erfassten Rücklauflösungen ist in den Bild 9 und 10 dargestellt. Die ersten Lösungen resultieren aus dem Durchströmen von bevorzugten, sehr wasserwegsamen Fließwegen. Die in diesen befindlichen Porenlösungen wurden sehr schnell durch die BaSO4-übersättigte Lösung neutralisiert und ein Großteil der Schadstoffe wurde durch Fällung aus diesen entfernt. Es traten Lösungen mit geringen Schadstoffgehalten auf. Mit zunehmender Wassersättigung wurden auch geringer permeable Bereiche, die einen hohen Anteil an stark sauren Porenwässern enthielten, in den Stoff- und Lösungstransport einbezogen. Es kam zum Austritt von Lösungen mit hohen Schadstoffkonzentrationen. Das sehr schnelle Durchlaufen eines Maximums verdeutlicht das Vordringen der BaSO4-Lösung. Es folgen Lösungen mit nur noch geringen, kontinuierlich abnehmenden Konzentrationen. Dieser Verlauf war für alle erfassten Rücklauflösungen charakteristisch, wobei jedoch der Effekt der BaSO4-Lösung mit zunehmendem Abstand zur Aufgabestelle erwartungsgemäß geringer wurde. Wesentlich ist, dass der Abfall der Schadstoffkonzentrationen nicht nur auf die aus den Drainagebohrungen austretenden Rücklauflösungen beschränkt war, sondern auch die aus dem Stoßbereich austretenden einschloss. Der beaufschlagte Sandsteinblock wurde somit homogen von der BaSO4-Lösung durchflossen und es kam zu einer großflächigen Schadstoffimmobilisierung.

 

Bild 8: Schematische Darstellung des Aufgabeprozesses

 

Bild 9: Konzentrationsverlauf in der direkt unter der Aufgabestelle erfassten Rücklauflösung BL-28

 

Bild 11 zeigt den Verlauf der Uranfrachten für drei direkt unter der Aufgabestelle liegende Rücklaufbohrungen. In Analogie zum Verlauf der Absolutkonzentrationen wird sehr schnell ein Maximum durchlaufen und es kommt, trotz zunehmender Absolutmengen an Rücklauflösung, zu einem deutlichen Rückgang der ausgetragenen Uranmengen. Neben der Immobilisierung von löslichen sowie gelösten Schadstoffen führte der Einsatz von BaSO4-übersättigten Lösungen wiederum zu einer signifikanten Veränderung der Strömungsverhältnisse im beaufschlagten Blockabschnitt. Durch eine Blockierung von Fließwegen durch BaSO4-Kristallisate sowie sekundär gebildete Fällprodukte (insbesondere Eisen- und Aluminiumhydroxide) wurden gering permeable Bereiche in einen Stoff- und Lösungstransport einbezogen, die bei einem Waschprozess nur aufgefüllt worden wären. Dies führte zu einer hohen Schadstoffabreicherung und war insbesondere in einer kontinuierlichen Verbreiterung der Rücklauf-

Bild 10: Konzentrationsverlauf in der direkt unter der Aufgabestelle erfassten Rücklauflösung BL-29

 

 

Bild 11: Verlauf des Uranaustrages in den Bohrlöchern 28-30

 

fläche sichtbar. Während die Intensität der zentral gelegenen Rückläufe abnahm erfolgte ein kontinuierlicher Anstieg der Rückläufe aus den Randbereichen.

 

Nach Beendigung der Aufgabe der BaSO4-übersättigten Lösung wurde der Blockabschnitt mit Wasser beaufschlagt. Die dabei konstant niedrig bleibenden Schadstoffkonzentrationen verdeutlichen in Verbindung mit den unterhalb des Löslichkeitsproduktes liegenden Ba2+-Gehalten die Beständigkeit so-

 

Bild 12: Konzentrationsverlauf beim Ablassen eines mit einer Ba(OH)2-Na2SO3-Wasserglas-Inhibitor-

              Lösung gefüllten Magazins

wohl der erreichten Permeabilitätsverringerung als auch der Schadstofffixierung. Nachlaugeerscheinungen traten ebenso wie ein Freispülen von abgedichteten Bereichen nicht auf.

 

Aufgrund des hohen mobilen und mobilisierbaren Schadstoffpotenzials war es besonders wichtig, für die magazinierten Bereiche der Lagerstätte Königstein eine geeignete, im Vorfeld einer Flutung einsetzbare Sanierungstechnologie zu entwickeln. In magazinierten Bereichen liegt der uranhaltige Sandstein in abgeschlossenen Kammern als gesprengtes Haufwerk vor. Sowohl gelaugte als auch ungelaugte Magazine werden bei einem Flutungsprozess zu sauren, hoch kontaminierten Lösungen führen. Die Ergebnisse von Feldversuchen in denen ein magazinierter Bereich zweimal mit einer BaSO4 bildenden Lösung sowie im Anschluss mit Wasser aufgefüllt wurde, sind in Bild 12 zusammengefasst. Aufgetragen sind die in den Ablasslösungen auftretenden Schadstoffkonzentrationen. Es ist ein von Etappe zu Etappe abnehmender Schadstoffaustrag zu verzeichnen, der auf eine Fixierung durch die eingesetzte Ba(OH)2-Na2SO3-Inhibitor-Wasserglas-Lösung zurückzuführen ist. Der anschließende Waschprozess führt zu keinen Auflöseprozessen, im Gegenteil, es ist ein weiterer Rückgang der Schadstoffmengen zu verzeichnen. Durch den Einsatz von BaSO4 bildenden Lösungen konnten -im Vergleich zu einem Waschprozess mit Wasser- zwischen 50 und 65% der freisetzbaren Schadstoffe fixiert werden (Tab. 2).

 

Tab.2: Beim Entleeren eines zweimal mit einer Ba(OH)2-Na2SO3-Inhibitor-Wasserglas gefüllten Magazins auftretende Schadstoffausträge im Vergleich mit den bei einem Waschprozess mit Wasser zu erwartenden

 

 

Al [kg]

Fe [kg]

Sulfat [kg]

Uran [kg]

Zn [kg]

As [kg]

1. Immobilisierung 

153

363

2975

11,6

102

0,14

Theoretisch bei Waschen

389

794

5801

29,8

161

0,38

2. Immobilisierung

89

183

1981

8,1

52

0,0

Theoretisch bei Waschen

218

427

4350

18,56

151

0,35

 

Bild 13: Aufbau der Anlage zur Schadstoffimmobilisierung in magazinierten Bereichen der Grube Königstein

Wie elektronenmikroskopische Untersuchungen an Proben aus Laboruntersuchungen zeigten, führt der Einsatz von Ba(OH)2-Na2SO3-Inhibitor-Wasserglas Lösungen zur Überschichtung der Quarzkörner mit kleinen, unregelmäßigen Barytkristallen. Gleichzeitig ist die Bildung von nicht näher identifizierbaren, O, Na, Al, Si, Ba und Fe enthaltenden Sekundärmineralen nachweisbar. Es ist somit möglich, sowohl reaktive Gesteinsoberflächen gezielt zu immobilisieren als auch lösliche Schadstoffe langzeitbeständig zu fixieren. Dabei ist insbesondere die Bildung von Eisen- und Aluminiumhydroxiden bzw. -hydroxysulfaten wesentlich. Diese können während des Fällprozesses eine Vielzahl von Ionen einschließen. Gleichzeitig wirken sie als Adsorbentien für Schwermetalle.

5.         Großtechnische Anwendung des Verfahrens

Aufbauend auf den positiven Ergebnissen der Feldversuche wurde im November 2001 entschieden, das Verfahren zur Schadstofffixierung im Südfeld der Lagerstätte einzusetzen. In diesem wurden große Bereiche magaziniert, durch die Beendigung des Uranabbaus jedoch nicht mehr gelaugt. Aufgrund eines seit über 10 Jahren möglichen Luft- und Feuchtigkeitskontaktes wird eine Flutung dieses Bereiches zu sauren Lösungen mit hohen Schadstoffkonzentrationen führen. Mit der Anwendung von BaSO4-bildenden Lösungen sollte der zu erwartende Schadstoffaustrag reduziert werden. Im Zeitraum von Dezember 2001 bis Juni 2002 wurden ca. 100.000 m3 einer Ba(OH)2-Na2SO3-Wasserglas-Fällungsverzögerer enthal­tenden Lösung in 3 Magazine eingebracht. Dazu wurde eine untertägige Mischstation aufgebaut, die aus den Modulen

·      Mischstation zur Herstellung einer Inhibitor-Na2SO3-Wasserglas-Lösung

·      Lösestation für Ba(OH)2*8H2O zur Herstellung der Ba(OH)2-Lösung,

·      kontinuierliche Vermischung der Inhibitor-Na2SO3-Wasserglas-Lösung sowie der Ba(OH)2-

     Lösung mit einem Hauptwasserstrom und kontrollierte Aufgabe.

bestand. Das Schema der Anlage ist in Bild 13 dargestellt, Details zeigen die Bilder 14 und 15. Die Lösung wurde über ein Rohrleitungssystem den aufzufüllenden Bereichen zugeführt und floss über entsprechende Bohrungen frei in die Magazine aus. Der Aufgabevolumenstrom lag zwischen 30 und 50 m³/h. Nach einer Einweisung und einer anfänglichen Anlernphase konnte die Anlage problemlos vom Personal der Grube betrieben werden. Der Erfolg der Immobilisierung wurde durch Analysen von Ablasslösungen bestätigt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Bild 14: Anlage zur Herstellung der Immobilisierungslösung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild 15. Mischstation zur Herstellung der  Ba(OH)2-Lösung

6.         Zusammenfassung

 

Die Anwendung von gesteuerten Kristallisationsprozessen aus übersättigten Lösungen eröffnet eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Schadstofffixierung in porösen oder klüftigen Gesteinsformationen. Hinsichtlich einer langzeitbeständigen Immobilisierung ist insbesondere der Einsatz von BaSO4 bildenden Lösungen von Interesse. Diese können sowohl in Form von „reinen“ BaSO4-Lösungen, die durch ein Vermischen von Ba(OH)2-Lösungen und verdünnter Schwefelsäure in Gegenwart eines geeigneten Fällungsverzögerers herstellbar sind oder in Form von Ba(OH)2-Na2SO3-Wasserglas-Fällungsverzögerer enthal­tenden Lösungen eingesetzt werden. Erstere Lösungen führen zu einer Passivierung von reaktiven Mineraloberflächen durch die Ausbildung von BaSO4-Schichten sowie zu einer steuerbaren Veränderung der Strömungsverhältnisse in den behandelten Bereichen. Das dabei erfolgende Blockieren von Fließwegen führt dazu, dass auch gering permeable Gesteinsbereiche in den Stoff- und Lösungstransport einbezogen werden. Lösungen auf der Basis von Ba(OH)2 und Na2SO3 besitzen ein höheres Immobilisierungspotenzial, welches wiederum zur Ausbildung von schützenden Schichten auf löslichen Mineraloberflächen führt, jedoch gleichzeitig eine  Fixierung von gelösten Schwermetallen in Form von schwerlöslichen Verbindungen ermöglicht. In Abhängigkeit von den Erfordernissen könne sehr unterschiedliche BaSO4-bildende Lösungen zusammengesetzt werden, die eine auf die jeweilige Anwendungssituation abgestimmte Stabilität aufweisen.