Konsolidierungsverhaltens von Tailings in Industriellen Absetzanlagen:

Eine Übersicht zu angewandten Methoden und praktischen Ergebnissen bei der Sanierungsvorbereitung durch die Wismut GmbH

 

M. Haase, M. Exner,  F. Pelz und A. T. Jakubick, WISMUT GmbH, Chemnitz, Deutschland

 

Einführung

In der Verantwortung der Wismut GmbH liegt die Sanierung von Absetzanlagen mit einer Gesamtfläche von 570 ha und einem darin eingelagerten Volumen von 150 Mio. Kubikmeter feinkörniger Rückstände (Tailings) der Uranerzaufbereitung.

 

Diese Absetzanlagen bestehen typischerweise aus einer mächtigen Feinschlammzone, die von sandigen Einspülungen umgeben sind. Die trennende Übergangszone besteht aus einer Wechsellagerung von tonigen und sandigen Materialien. Nicht in allen Anlagen findet sich jedoch ein homogener Aufbau der Feinschlammzone. Durch Wechsel des Einspülregimes kommt es zu eingelagerten Schichten mit unterschiedlichen Materialeigenschaften.

 

In Abhängigkeit von der Einspülrate und der Dauer sowie der Art der eingespülten Stoffe und der Drainagebedingungen haben die Feinschlämme einen unterschiedlichen Grad der Eigenkonsolidierung nach Ende der Einspülzeit erreicht.

 

Die Sanierungsarbeiten der Wismut GmbH an diesen Anlagen unterteilen sich in drei Etappen:

·       Aufbringen einer Zwischenabdeckung auf die Tailingsoberfläche als stabile Arbeitsplattform

·       Schaffung einer neuen stabilen Oberflächenkontur mit geeigneten Abflußverhältnissen

·       Aufbringen einer Endabdeckung zur Steuerung der Infiltrationsrate

 

Während dieser drei Etappen werden jeweils neue Belastungsverhältnisse für die Tailings geschaffen, welche den Konsolidierungsgrad beeinflussen. Die mit den Lasten einher gehenden Setzungen führen zum verstärkten Austritt von Porenwasser, zum Ausprägen von Setzungsmulden und verändern die Gleichgewichtszustände in den einzelnen Zonen der Anlage.

 

Das Ziel der Konsolidierungsmodellierung besteht darin, den bestehenden Konsolidierungszustand für die verschiedenen Zonen zu beschreiben, die Eigenkonsolidierung und die Konsolidierung unter gezielter Auflast zu prognostizieren und die Wirkung konsolidierungsbeschleunigender Maßnahmen (Vertikaldrainagen) zu bewerten.

 

Im Ergebnis der Modellierung erhält man:

·       Prognosen zu absoluten Setzungen und damit Eingabewerte für Materialbilanzen für Konturierungsarbeiten,

·       die Dynamik des Setzungsverlaufs, welche bei der Bewertung der zeitlichen Abfolge technologischer Maßnahmen auf den Feinschlämmen herangezogen wird,

·       Abschätzung der Entwicklung der Porenwasserdrücke, die die Stabilität von Böschungen beeinflussen,

·       die Menge des ausgepreßten Porenwassers über die Zeit, welche für die Quantifizierung der Umweltbelastung mit herangezogen wird.

 

Für die Bearbeitung dieser Problemstellungen wurden bei der Wismut GmbH in den letzten Jahren verschiedene Modellierungsmethoden entwickelt und zur Anwendung gebracht. Die Ergebnisse dieser Arbeiten wurden auf Workshops ausführlich vorgestellt ((WISMUT), (SYNCRUDE)).

 

Entwickelt wurde eine technologische Bearbeitungskette, die sowohl Modellierungsarbeiten als auch Labormessungen zur Materialparameterbestimmung und verifizierende Feldmessungen integriert.

 

Die einzelnen Schritte dieser Kette sind:

1.     Untersuchungen zur Einspülhistorie einschließlich ortsspezifischer Bedingungen (Geologie, Hydrogeologie, Geomorphologie)

2.     Felduntersuchungen( Bohrungen, Probenahmen) und Erarbeitung der Geometrie des Tailingskörpers (Geländemodell)

3.     Laboruntersuchungen bodenphysikalischer Parameter

4.     Laboruntersuchungen zum Konsolidierungsverhalten

5.     Zonierung der Anlage, Herausarbeiten der Feinschlammzone

6.     Konsolidierungsmodellierung für die einzelnen Zonen

 

Die Eigenschaften der Feinschlämme werden maßgeblich durch deren Wassergehalt bestimmt. Zur Beschreibung des Materialverhaltens gehen wir von einem vollständig gesättigten Zweiphasensystem aus Wasser und Korngerüst aus. Für die Modellierung des Konsolidierungsvorganges ist es notwendig, die Durchlässigkeit und die Steifigkeit des Schlammes als Funktion seines Wassergehalts zu ermitteln. Dazu werden spezielle Ödometertests durchgeführt. Eine Beschreibung der in Wismut vorgenommenen Untersuchungen zur Materialcharakterisierung findet sich in (BARNEKOW/HAASE/WELS).

 

Die Arbeiten zur Zonierung der Anlage, d.h der Unterteilung der Gesamtanlage in Zonen mit bestimmten, nahezu einheitlichen Materialeigenschaften basieren neben der Beurteilung von vielen unterschiedlichen Angaben zur Historie auch auf der Anwendung geostatistischer Verfahren. Mit diesen Verfahren ist eine auf Meßwerten (Bohrungsdaten, Rammkernsondierungen) beruhende Zonierung in allen drei Raumdimensionen möglich. In ((EXNER/HAASE/RAßMANN), [www.wismut.de/consult/index.html]) sind diese Verfahren und ihre Anwendung bei der Sanierung der Absetzanlagen der Wismut beschrieben.

Konsolidierungsmodellierung

Sowohl bei der Projektierung von Absetzbecken als auch bei deren Stilllegung/Sanierung stellt sich die Frage, wie sich der Porenwassergehalt über die Zeit entwickelt.

 

Die Beschreibung der Entwicklung des Porenwassergehalts im Zweiphasensystem Boden – Wasser gelingt durch die Zusammenführung folgender Gleichungen:

·       Speichergleichung resultierend aus der Kontinuitätsgleichung und der Darcy-Gleichung

·       Spannungs-Verformungsbeziehung inklusive geeigneter Materialfunktionen

·       Einführung des Prinzips der effektiven Spannung s´

 

Die grundlegenden Arbeiten zur Konsolidierungstheorie stammen von Terzaghi (TERZAGHI). Die Grundannahmen seines Modells sind:

·       Der Boden ist homogen und voll gesättigt

·       Die Bodenpartikel und das Porenwasser sind inkompressibel

·       Die Kompression und die Flüsse sind eindimensional (vertikal)

·       Verformungen sind klein (small strain theory)

·       Die Durchlässigkeit und die Steifigkeit des Bodens sind konstant

 

Im Ergebnis der Theorie erhält man analytische Lösungen für homogene Böden, welche zu einer Abschätzung der Setzungsbeträge und –Zeiten dienen. Eine Ausdehnung auf radialsymmetrische Lösungen der Gleichungssysteme führt zur Abschätzung der Wirkung von Vertikaldrainagen (HANSBO). Dabei wird angenommen, daß sich jeder Drain mit einer zylinderförmigen Einflußzone umgibt, welche die gleiche Tiefe wie der Drain hat.

 

Das Konsolidierungsverhalten komplizierter Schichtaufbauten mit einem stark variierenden Porenzahlprofil, wie sie in den Absetzanlagen der Wismut GmbH anzutreffen sind, kann mit den Lösungen der Terzaghi-Theorie nur grob beurteilt werden. Eine Verfeinerung der Modellansätze macht sich erforderlich. Dazu ist sowohl ein neuer Modellansatz als auch die Hinwendung zum Einsatz numerischer Lösungsverfahren notwendig.

 

Die Einführung eines vom Porenwassergehalt abhängigen Materialverhaltens, welches auch auf die Annahme kleiner Verformungen Auswirkungen hat, haben zur Entwicklung von 1-dimensionalen Nonlinear-Finite-Strain-Modellen geführt (GIBSON/ENGLAND/HUSSEY). Einer der ersten international verfügbaren Programmcodes ACCUMV auf der Basis dieser NLFS-Modelle stammt von Schiffman und seinen Mitarbeitern (SCHIFFMAN/SZAVITS-NOSSAN/McARTHUR).

 

Weiterentwicklungen des Codes (z. Bsp. das Programm FSConsol (GWP)) erlauben für den eindimensionalen Fall die Beschreibung der Eigenkonsolidierung während der Einspülphase und die Modellierung des Verhaltens verschiedener Materialschichten (Ton, Sand) sowie die Simulation der Wirkung zeitlich veränderlicher Auflasten.

 

In den bei der Wismut GmbH angewendeten Modellierungsverfahren kommen folgende Materialfunktionen zur Anwendung:

 

Porenzahl-Spannungs-Beziehung  e(s´ )

 

                  (1)

 

mit e als Porenzahl

 

                    (2)

Der Wert e0 entspricht der Porenzahl zu einer Referenzspannung s0´ (1 kPa).

 

Die vom Wassergehalt abhängige Steifigkeit des Material E leitet sich aus der Beziehung (1) ab:

                       (3)

Durchlässigkeits-Porenzahl-Beziehung k(e):

 

                               (4)

 

Für die Beziehung (4) wird auch häufig eine etwas andere Funktion verwendet (). Aus programmtechnischen Gründen verwenden wir die Glg.(4). Wesentlich ist die größenmäßige Zuordnung zwischen Porenzahl und Durchlässigkeit.

 

Die Tabelle 1 listet die an Tailingsproben aus den Absetzbecken der Wismut GmbH erhaltenen cc –Werte auf. Die Werte für die einzelnen Zonen können von Becken zu Becken variieren, die dargestellten Werte decken aber einen typischen Bereich ab. Eine Übersicht zu Materialparametern von Tailings aus 13 verschiedenen Absetzbecken findet sich in (WELS/ROBERTSON/JAKUBICK).

Tabelle 1: Aus Ödometertests gewonnene Kompressionsindizes von Tailingsproben aus Absetzbecken der Wismut GmbH. Die Werte für die sandigen Tailings werden für Berücksichtigung eingelagerter Sandschichten benötigt. Die aufgeführte Porenzahl entspricht dem Wert e0 aus Glg. (1)

Tailingsvarietät

Kompressionsindex cc

Porenzahl e(1 kPa)

Feinschlamm

0.60 – 0.82

3.0 – 4.2

Übergangsbereich

0.40 – 0.55

2.4 – 2.9

Sandige Tailings

<0.1

» 1

 

Die Durchlässigkeitswerte in Abhängigkeit von der Porenzahl werden ebenfalls im Ödometerversuch bestimmt. Für Feinschlammtailings der Absetzanlagen Helmsdorf und Culmitzsch ergaben sich beispielsweise die folgenden Parameter für diesen Zusammenhang:

Tabelle 2

 

C in (m/s)

D

Feinschlamm Helmsdorf

5* 10-9

3.5

Feinschlamm Culmitzsch

1.4 *10-10

4.6

 

Die Werte in Tabelle 2 verdeutlichen, daß für jedes Becken eine spezifische Materialfunktion ermittelt werden sollte. Die Ansätze zeigen, daß bei einer Variation der Porenzahl über die Teufe von e=1 bis zu e=4 die Durchlässigkeit ein und desselben Materials um bis zu 2 Zehnerpotenzen variiert.

 

Man beachte, daß die mit Hilfe des Ödometerversuches bestimmte Druck-Porenzahl-Beziehung (e(seff)) verläßlicher ist als die Durchlässigkeitsbeziehung (k(e)). Die Schwierigkeit bei der Bestimmung der Durchlässigkeitsbeziehung ergibt sich nicht nur auf Grund von Problemen mit der Ausführung des Laborversuchs (Probenstörung, Probengröße), sondern auch aus Anisotropieeffekten. Aus diesen Gründen sind die Ausgangsfunktionen nur als erste größenordnungsmäßige Richtwerte anzusehen. Die Parameter werden, falls erforderlich, im Laufe der Modellierung so variiert, daß eine gute Übereinstimmung von Modellierungsergebnissen (Setzungsraten, Einspülhöhen, Porenzahlprofile) mit tatsächlich gemessenen Größen im Feld erreicht wird.

 

Besonders die Modellierung der Einspülphase ist hierbei von Bedeutung. Ziel dieser Untersuchungen ist es (i) repräsentative Materialfunktionen (e-s´- und e-kf-Beziehung) zu bestimmen und (ii) den gegenwärtigen Konsolidierungsgrad für die verschiedenen Zonen einzuschätzen. Die mit den Rechnungen erhaltenen Teufenprofile der Porenzahlen dienen als Anfangsbedingung für die Lösung der gekoppelten Differentialgleichungen der Prognoserechnung.

 

Die eindimensionalen NLFS-Modelle erlauben eine Berechnung des künftigen Setzungsverlaufs unter der Wirkung zeitlich veränderlicher Auflasten. Die Wirkung komplizierter Schichtaufbauten und unterschiedlicher Abflußbedingungen an der Basis auf die Setzungsdynamik können modelliert werden. Die Ergebnisse der Rechnungen werden mit den gemessenen gegenwärtigen und vergangenen  Setzungsraten verglichen und bewertet. Es können Rückschlüsse auf die verwendeten Materialfunktionen gezogen werden.

 

Mit Hilfe der eindimensionalen NLFS-Modelle prognostizieren wir die Ausbildung von Setzungsmulden eines gesamten, inhomogen aufgebauten Absetzbeckens infolge der Auflasten durch die Sanierungsarbeiten. Es wird der zeitliche Verlauf des Porenwasserdruckabbaus berechnet und die ausgepreßte Porenwassermenge als Funktion der Zeit, differenziert nach Austrittsort (Basis oder Oberfläche), in Expositionsberechnungen verwendet.

 

Im Mittelpunkt stehen häufig Fragen nach konsolidierungsbeschleunigenden Maßnahmen. Dies betrifft den Einsatz von Vertikaldrainagen zum beschleunigten Abbau des Porenwasserdruckes. Eindimensionale Modelle können hierauf keine Antwort geben.

 

Um die Wirkung eines Drains in einem relativ kompliziert aufgebauten Schichtsystem prognostizieren zu können, muß ein entsprechendes Modell folgende Eigenschaften aufweisen:

·       Es ist ein NLFS-Modell und berücksichtigt die räumlichen Spannungs-Verformungs-Eigenschaften des Bodenmaterials

·       Es beschreibt die sich ergebende Radialsymmetrie der Drainumgebung

·       Es erlaubt die Berücksichtigung verschiedener Materialschichten (tonig, sandig, Wechsellagerung)

·       Es baut auf den gleichen Materialfunktionen auf wie die eindimensionalen Modelle, so daß eine Werteübergabe zwischen den Modellen erfolgen kann.

 

Von der Wismut GmbH wurde bereits 1998 für die Prognose der Wirkung von Vertikaldrains in Absetzanlagen das FEM-Modell Consol2D entwickelt. Es basiert auf einem dreidimensionalen Ansatz, welcher auf die zweidimensionale Radialsysmmetrie des Problems reduziert wird. Es können bis zu 10 verschiedene Bodenarten betrachtet werden. Jeder Bodentyp ist durch eine e-s- und eine e-k-Beziehung charakterisierbar. Gemessene oder mit eindimensionalen NLFS-Modellen berechnete Porenzahlprofile gehen als Anfangsbedingung ein. Als Randbedingung können Porenwasserdruckverteilungen vorgegeben werden ((REICHEL98), (REICHEL99)).

 

Das Modell wurde an Ergebnissen der analytischen Lösungen validiert und erste Testrechnungen 1999 zu Messergebnissen auf Testflächen der Wismut GmbH mit Drains zeigten eine gute Übereinstimmung zwischen Modell und Versuch ((HAASE/EXNER/REICHEL), (WELS/BARNEKOW/HAASE/EXNER/JAKUBICK)). Seitdem wird es als Werkzeug für eine Prognose der Wirkung von Vertikaldrains in Wismut eingesetzt.

Praktische Vorgehensweise bei der Konsolidierungsmodellierung eines gesamten Absetzbeckens

 

Auf der Grundlage der Feld- und Laboruntersuchungen, der ermittelten Einspülhistorie und der Beckengeometrien wird eine Zonierung der Absetzanlagen vorgenommen. Es werden die folgenden Bereiche unterschieden:

·       Feinschlammbereich mit tonigem Material

·       Übergangsbereich als Zone des Wechsel vom tonigen zum sandigen Material

·       Spülstrandbereich mit vorwiegend sandigem Material

 

Die Zonierung kann auf der Grundlage gemessener Scherfestigkeitswerte und deren räumlicher Verteilung im Becken im Zusammenhang mit einer stofflichen Charakterisierung vorgenommen werden. Im Ergebnis erhält man ein Gitter über das Becken, wobei jeder Gitterpunkt einer Zone zugeordnet ist. Weiterhin erstellen wir ein Gitter gleichen Rasters mit den jeweiligen Mächtigkeiten der Ablagerungen.

 

Abbildung 1: Aus diskreten Meßwerten berechnete räumliche Verteilung von Scherfestigkeitswerten in einem Absetzbecken. Die blauen Bereiche sind die Feinschlammbereiche mit den geringsten Scherfestigkeitswerten.

 

Abbildung 2: Aus der Verteilung der Scherfestigkeitswerte (Abbildung 1) abgeleitete Zonierung des Absetzbeckens in Feinschlammzone (dunkel), Übergangszone (hell) und Spülstrandbereich.

Im Idealfall liegen für die einzelnen Zonen die teufenbezogenen Ergebnisse mehrerer Erkundungsbohrungen vor. Für diese Erkundungsbohrungen wird das Porenzahlprofil e(z) auf der Grundlage der Materialfunktionen und der Einspülhistorie nachgerechnet. Die Modellierung des Einspülvorganges beruht auf der Ermittlung der Einspülrate des Feststoffes im Bereich der zu modellierenden Bohrung.

 

Die Abbildung 3 und Abbildung 4 zeigen die auf der Grundlage einer Einspülmodellierung berechneten Porenzahlprofile für zwei Bohrungen in der Absetzanlage Culmitzsch.

 

Das Profil der Bohrung in Abbildung 3 stammt aus der zentralen Feinschlammzone des Beckens. Die Tailings bestehen aus tonigem Material. Das beobachtete Porenzahlprofil sowie die erzielte Einspülhöhe kann auf der Grundlage der aus den Laborversuchen ermittelten Kompressibilitäten sehr gut reproduziert werden. Weiterhin stimmt auch die kalibrierte Permeabilitäts-Porenzahl-Beziehung gut mit den aus dem Ödometerversuch bestimmten Werten überein.

 

In Abbildung 4 wird ein berechnetes Porenzahlprofil der Übergangszone mit dem gemessenen Profil verglichen. Die zwischengelagerten Schichten aus Material des Übergangs von der tonigen zur sandigen Varietät besitzen einen cc-Wert von ca. 0,45. Für dieses Profil wurden drei tonige Schichten mit zwei Schichten aus Material des Übergangs verwendet.

 

Abbildung 3: Modelliertes Porenzahlprofil im Vergleich mit einem gemessenen Profil für eine Bohrung in der Feinschlammzone der Absetzanlage Culmitzsch. Das gesamte Profil besteht aus Material der tonigen Varietät.

 

Abbildung 4 Modelliertes Porenzahlprofil im Vergleich mit einem gemessenen Profil für eine Bohrung in der Übergangszone der Absetzanlage Culmitzsch. Die Wechsellagerung einzelner Schichten (tV - tonige Varietät, int. V – Material der Übergangszone) ist am Porenzahlprofil deutlich zu erkennen.

Für die Sanierungsvorbereitung sind Fragen nach dem zeitlichen Verlauf von Setzungen in Abhängigkeit der Tailingsmächtigkeit, des Porenzahlprofils, der geplanten Laststufen und die insgesamt zu erreichenden Setzungsbeträge von Bedeutung.

 

Die Abbildung 5 zeigt den modellierten Verlauf der Entwicklung der Tailingsmächtigkeit während des Einspülvorganges einschließlich der dabei stattfindenden Eigenkonsolidierung sowie die Setzungsdynamik nach Beendigung des Einspülbetriebs und infolge mehrerer Lastschüttungen.

 

Für die Berechnung der Setzungsmulde, d.h. der Verteilung der Setzungsbeträge über die Anlage durch die Auflasten, wenden wir das folgende Schema an:

 

1.     Grundlage sind die vorn genannten Gitter mit den Werten zu den Tailingsmächtigkeiten H(x,y) und den Zoneneinteilungen Z(x,y).

2.     Für jede Materialzone werden für bekannte Porenzahlprofile Endsetzungen S infolge unterschiedlich starker Auflasten berechnet. Aus diesen Wertepaaren wird für jede Zone und für eine definierte Tailingsmächtigkeit H eine stückweise stetige Funktion SH(sL) generiert. Die Funktionen sind nicht identisch mit Drucksetzungskurven, welche im Labor nur für kleine, homogene Proben gewonnen werden. Sie spiegeln den Einfluß des Konsolidierungsgrades einer gesamten Säule mit inhomogenem Aufbau auf die Setzung wider.

3.     Diese Funktionen werden für unterschiedlich mächtige Tailingssäulen generiert. Es hat sich gezeigt, daß die Verwendung von relativen Setzungswerten bei den hier vorliegenden mächtigen Tailingsschichten nicht gerechtfertigt ist. Man veranschaulicht sich diese Tatsache anhand der Abbildung 3. Zu den Setzungen tragen unterschiedliche Bereiche der Tailingssäule in unterschiedlichem Maße bei. Hohe Setzungsbeträge kommen von Schichten mit hohen Porenzahlen. Verdoppelt man die Mächtigkeit, so bedeutet das nicht, daß sich auch automatisch der Bereich mit den hohen Porenzahlen verdoppelt. Die Notwendigkeit der Einbeziehung des Porenzahlprofils zu Beginn der Lastschüttung in die weitere Konsolidierungsrechnung wird hier besonders deutlich.

4.     Mit diesen Funktionen SH(sL) wird für jeden Ort auf der Tailingsoberfläche ein Setzungsbetrag berechenbar.

 

DH(x,y)=H(x,y)* SH(sL)          für jede Zone

 

Das Gitter mit den Werten DH(x,y) stellt die gesuchte Setzungsmulde dar.

 

Das dargestellte Schema wurde von uns in geeigneter numerischer Form implementiert. Dazu nutzen wir zur Berechnung der Setzungen das eindimensionale NLFS-Modell FSConsol und zur Berechnung der Setzungsmulde einschließlich der quantitativen Berechnung der Zonen und ihrer Mächtigkeiten wird das Programmsystem EarthVision verwendet.

 

Die

Abbildung 6 zeigt eine solche berechnete Setzungsmulde für die Anlage Trünzig. Deutlich sind die hohen Setzungsbeträge im Feinschlammbereich (Dunkel) zu erkennen. Die Rechnung basiert auf der in der Abbildung 2 dargestellten Zonierung. Als Auflast wurde ein konstanter Wert von 80 kPa angesetzt. In der Realität ist diese Mulde natürlich nicht direkt zu beobachten. Sie stellt sich nur im Zusammenhang mit den aufgebrachten Konturierungsmassen ein, welche im speziellen Fall eine Höhe von ca. 4 Meter einnehmen würden und sie folgt der vorhandenen Oberflächenmorphologie.

 

Die genaue Kenntnis der Setzungsmulde kann bei den hier genannten Anlagen von erheblichem ökonomischen Interesse sein. Setzungsbeträge von mehr als 2 m und damit verbundene Setzungsvolumina von einigen Hunderttausend Kubikmetern müssen bei der Planung des Materialeinsatzes für Sanierungsmaßnahmen Berücksichtigung finden. Aus der jährlichen Entwicklung des Setzungsvolumens lassen sich Schlußfolgerungen zum zusätzlichen Sickerwasseraustritt ziehen. Für die Anlage Trünzig konnte ein Setzungsvolumen nach mehreren Lastschritten von ca. 300 000 m³ berechnet werden. Daraus ließ sich der mittlere jährliche Porenwasseraustritt infolge der Konsolidierung zu ca. 40 000 m³ abschätzen. Aus den Modellen folgen weiterhin Aussagen zur Aufteilung dieser Menge in Basisabfluß oder in Oberflächenabfluß. Koppelt man diese Flüsse an die gemessenen Porenwasserkonzentrationen, so ergeben sich Stofflasten direkt aus den Konsolidierungsrechnungen.

 

Aus den bisher durchgeführten Konsolidierungsrechnungen für die Absetzbecken der Wismut GmbH läßt sich ein Gesamtvolumen der Setzungsmulden von ca. 3 Mio. m³ abschätzen. Diese Setzungsmulden müssen fast ausnahmslos zur Gewährleistung der Oberflächenwasserabführung durch Konturierungsmaßnahmen wieder ausgeglichen werden.

 

Nimmt man einen Zeitraum von ungefähr 10 Jahren an, in dem der größte Teil des Konsolidierungswassers austreten wird, so sind weiterhin jährliche Wasserbehandlungskapazitäten für 300 000 m³ belastetes Wasser einzuplanen. Das entspricht ca. 15% der Jahreskapazität der Wasserbehandlungsanlage für die Absetzanlage Helmsdorf, welche Freiwasser und Sickerwässer zu reinigen hat. Das Behandeln der Konsolidierungswässer stellt somit kein technologisches Problem dar.

 

Abbildung 5: Berechnete zeitliche Entwicklung der Tailungsmächtigkeit infolge der Einspülung (bis ca. 3000 Tagen), der Eigenkonsolidierung und der Setzung infolge mehrerer Auflastschüttungen.

 

 

Abbildung 6: Berechnete Setzungsmulde unter einer gleichmäßig verteilte Auflast von 80 kPa. Die blauen Bereiche sind die Feinschlammbereiche mit den höchsten Setzungen.

Prognose der Wirkung von Vertikaldrains mit Hilfe eines 2-d NLFS-Modells

 

Für die Prognose der Wirkung von Vertikaldrainagen auf die Konsolidierungsraten unter Lastschüttungen verwenden wir das FEM-Modell CONSOL2D.

 

Die Ziele, die mit dem Draineinbau verfolgt werden, sind verschieden. Zur Stabilisierung der Zwischenabdeckung werden flache Drains eingesetzt, die den Porendruckabbau in der oberen Tailingsschicht beschleunigen. Die Konsolidierungszeit wird durch flache Drains kaum beeinflusst. Dagegen werden tiefe Drains zur Verringerung der Konsolidierungszeiten eingesetzt.

 

Grundlage für die Modellierung mit CONSOL2D sind die Ergebnisse der bereits beschriebenen eindimensionalen Modellierung, aus denen man ein mit den verwendeten Materialeigenschaften konsistentes Porenzahlprofil der Tailings zum Zeitpunkt der Installation der Vertikaldrains erhält. Damit wird das Lösungsverhalten des FEM-Modells zu Beginn eines Rechnungslaufs, insbesondere bei Rechnungen mit mehreren Materialschichten, deutlich verbessert.

 

Als Eingangsparameter für CONSOL2D werden verwendet:

1.     Porenzahlprofil e(h)

2.     Materialeigenschaften: e(σ‘) Porenzahl – eff. Spannung, (kf) Porenzahl – Durchlässigkeit

3.     Lastschritte: Auflast(Zeit)

4.     Draindesign: Abstand und Einbringtiefe der Vertikaldrains

5.     Hydraulische Randbedingungen

 

Die Auflast kann in mehreren Schritten aufgebracht werden. Dies entspricht dem Aufbringen der Zwischen- und Endabdeckung in der Realität, das mit mehrmonatigen Pausen zwischen den einzelnen Bauphasen erfolgt.

 

Als Randbedingungen gehen die hydraulischen Bedingungen in das Modell ein. Damit ist es beispielweise möglich, den Einfluss gut durchlässiger Sandschichten auf die Konsolidierung ebenso wie die Durchlässigkeit an der Tailingsbasis zu berücksichtigen.

 

Ergänzend zur Modellierung der Wirkung konventioneller Vertikaldrains können mit CONSOL2D auch Sonderfälle wie beispielsweise die Wirkung von Sandsäulen auf das Konsolidierungsverhalten untersucht werden.

 

Nach einem Simulationslauf wird die Entwicklung aller relevanten Parameter (Verschiebungen, Porenzahl, Porendruck, Spannung) über die Zeit bzw. über die Tiefe der Tailings untersucht. Interessant ist vor allem der Einfluss unterschiedlicher Drainanordnungen auf die Zeit, die bis zum Erreichen des gewünschten Zustandes (Abklingen der Setzung bzw. Abbau des Porenüberdrucks) notwendig ist.

 

Abbildung 7

In der

Abbildung 7 ist schematisch der simulierte Bereich mit dem Drain und dem in der Auswertung dargestellten Profil dargestellt.

 

Die

Abbildung 8 zeigt die zeitliche Entwicklung des Porenüberdrucks im simulierten Wirkungsbereich des Drains. Der Überdruck zu Beginn der Rechnung ergibt sich aus dem vorgegebenen Porenzahlprofil. Eine Auflast ist in diesem Beispiel nicht angesetzt worden. Hier soll das Zusammenspiel der Berechnung des Ausgangszustandes mit Hilfe des eindimensionalen NLFS-Modells und der Fortführung im mehrdimensionalen Fall demonstriert werden.

 


Abbildung 8: Zeitliche Entwicklung des Porenüberdrucks im simulierten Wirkungsbereich des Drains.

Mit fortschreitender Konsolidierungszeit werden zunächst die Porenüberdrücke in der oberen Schicht abgebaut. Dieser Vorgang ist nach rund 100 Tagen abgeschlossen.

 

Bis zur vollständigen Auskonsolidierung dauert es aufgrund des längeren Wegs des Porenwasser mehr als 2000 Tage.

 

Abbildung 9: Zeitsetzungsverhalten bei unterschiedlicher Draintiefe

 

In der

Abbildung 9 zeigt sich, wie unterschiedliche Einbringtiefen der Drains das zeitliche Setzungsverhalten beeinflussen. Es ergibt sich ein charakteristisches Verhalten: In der ersten Phase (<100 Tage) wird der Bereich der Drains mit hohen Setzungsraten konsolidiert. Der absolute Setzungsbetrag hängt dabei von der Einbringtiefe der Drains ab. In der zweiten Phase nehmen die Setzungsraten deutlich ab.

 

Um ein realistisches Bild des zu erwartenden Setzungsverhaltens der Absetzanlagen während der Sanierung zu erhalten werden für alle in der Zonierung identifizierten Bereiche Rechnungen mit den zur Wahl stehenden Drainanordnungen durchgeführt.

Ausblick

Die seit mehreren Jahren von uns betriebenen Arbeiten zur Entwicklung und Anwendung von Modellen zur Prognose des Konsolidierungsverhaltens großer und kompliziert aufgebauter Absetzanlagen haben einen Stand erreicht, welcher uns gestattet, Planungsarbeiten gezielt und mit relativ gut abgesicherten Aussagen zu den zu erwartenden Setzungen zu unterstützen.

 

Nächste Arbeiten sollen sich auf die Kopplung der Aussagen zur Entwicklung des Porenwasserdrucks in Feinschlammbereichen an die Berechnung der Stabilität von Böschungen konzentrieren.

 

Weiterhin ist eine Bewertung der Relevanz der ausgepreßten Porenwassermenge auf Sanierungsentscheidungen notwendig. Erste Schätzungen zeigen, daß diese Menge im Vergleich zur gesamten Porenwassermenge, welche durch Infiltration und Durchströmung der Tailings austreten wird, vernachlässigbar sein könnte. Von Bedeutung kann jedoch die Prognose der Durchlässigkeiten der Feintailings nach Beendigung der Konturierung sein, da diese die gesamte Wasserbilanz der Becken beeinflussen werden.

Referenzen

Syncrude-Workshop „Soft Tailings Stabilization“, Teil I, Edmonton, Kanada, 1999

 

Wismut-Workshop „Stabilisierung von Feinschlammtailings“, Teil II, Chemnitz, Deutschland,1999

 

            U. Barnekow, M. Haase, C. Wels, Geomechanische Charakterisierung der Feinschlämme und 1-D-Konsolidierungsmodellierung der Feinschlämme in den Schlammteichen der Wismut, Workshop „Stabilisierung von Feinschlammtailings“ Teil II, Chemnitz, 1999

 

            M. Exner, M. Haase, B. Raßmannn, Analyse technischer Parameter mittels 3d Visualisierung, Workshop „Stabilisierung von Feinschlammtailings“, Chemnitz, 1999

 

            K. Terzaghi, Erdbaumechanik auf bodenphysikalischer Grundlage, Deuticke, Wien, 1925

 

            S. Hansbo, Consolidation of clay by band-shaped prefabricated drains, Ground Engineering, 1979

 

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            R.L. Schiffman, V. Szavits-Nossan, J.M. McArthur, ACCUMV – Nonlinear large strain consolidation, Computer Code Manual, 1992

 

            GWP Software, FSConsol User’s Manual, GWP Software Inc.,1999

 

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            U. Reichel, Two dimensional modelling of consolidation of soft soils using parallel finite element methods, in Proceedings of 'The Third Euro-Conference on Parallel and Distributed Computing for Computational Mechanics', Weimar, 20.-25. März 1999, Civil-Comp Press, ISBN 0-948749-59-8

 

            M. Haase, M. Exner, U. Reichel, 2D Modelling of the consolidation of soft soils, Cameco-Wismut-Workshop, Edmonton, 1999

 

            C. Wels, U. Barnekow, M. Haase, M. Exner und A. T. Jakubick, „A Case

Study on Selfweight Consolidation of Uranium Tailings“, Veröffentlichung auf der Konferenz Uranium 2000, Saskatoon, 2000