Hagen, M. und Jakubick, A. T.
WISMUT GmbH, Chemnitz, Germany
Nach dem
Zweiten Weltkrieg war die ehemalige Deutsche Demokratische Republik (DDR)
Schauplatz eines umfangreichen Uranbergbaus, der die ehemalige Sowjetunion
(UdSSR) mit dem Ausgangsmaterial für Kernwaffen- und Kernenergieprogramme
versorgte. Die Tätigkeiten Bergbau, Zerkleinerung und Aufbereitung fanden in
einem relativ kleinen, aber dicht besiedelten Gebiet in Thüringen und Sachsen
statt. Das betroffene Gebiet erstreckt sich von Ost nach West über ungefähr 130
km und von Nord nach Süd über rund 50 km (Abb. 1). In mehr als 40 Jahre
intensiv betriebener Bergbau- und Aufbereitungstätigkeit wurden insgesamt mehr
als 220.000 Tonnen Uran produziert.
Durch Bergbau
und Aufbereitung wurden insgesamt ungefähr 100 km2 nachhaltig
beeinflußt und örtlich kam es zu extremen Verwüstungen und zu einer
weitverbreiteten Kontamination von Boden und Grundwasser. Vor allen in den
Anfangsjahren der Produktion wurde dem Gesundheitsschutz und der Sicherheit von
Arbeitnehmern und Öffentlichkeit in den betroffenen Gebieten wenig
Aufmerksamkeit geschenkt. Die Arbeiten fanden unter strenger Geheimhaltung
statt.
Nach der
Wiedervereinigung Deutschlands im Jahre 1990 wurde die Produktion eingestellt.
Nach einem grundlegenden Umbau des Unternehmens wurde die WISMUT GmbH als
Nachfolgeunternehmen der SDAG WISMUT durch Bundesgesetz (WISMUT-Gesetz, 1991)
mit der Stillegung und Sanierung der Hinterlassenschaften des Uranbergbaus
beauftragt. Die Bundesregierung stellte für das Sanierungsprojekt der WISMUT
Mittel von insgesamt bis zu 6,7 Milliarden Euro zur Verfügung.
Abbildung 1. Lage der Sanierungsstandorte der WISMUT (AB:
Aufbereitungsstandorte Crossen und Seelingstädt).
Die Bergbau-
und Aufbereitungsanlagen der WISMUT nehmen ein Gebiet von annähernd 37 km2
ein. Durch die bergbauliche Tätigkeit fielen ca. 400 Mio. m3
radioaktiver Abraum und weitere kontaminierte Objekte in Form von Abraumhalden,
Laugungshalden und Erzverlade- und -transportanlagen an.
Zusätzlich zu
den radiologischen Risiken an allen Standorten trägt am Standort Schlema, wo
Ganglagerstätten abgebaut wurden, der erhebliche Arsengehalt des
Haldenmaterials zum Krebsrisiko bei. Chemische und chemisch-toxische
Kontaminationen sind charakteristisch für das Bergwerk Königstein, wo in den
80er und 90ern untertägige Uranlaugung mit Schwefelsäure stattfand. Saures
Grubenwasser zusammen mit dem hohen Härtegrad von Sicker- und Grubenwasser
stellen ein Langzeitproblem am Bergbaustandort Ronneburg dar. Und letztlich
wurden an zwei Standorten (Schlema und Ronneburg) mehrere hunderttausend Tonnen
Mischabfalls hinterlassen, der aus radioaktivem Haldenmaterial und mit
verschiedenen Kohlenwasserstoffen kontaminiertem Baumaterialien besteht.
Insgesamt
fielen enorme Volumina von Bergematerial und Aufbereitungsschlämme (Tailings)
an. Tabelle 1 gibt einen Überblick über Größe und Menge der kontaminierten
Materialien, Flächen, Bauschutt und Schrott [1].
TABELLE 1. Größe und Menge der kontaminierten Materialien
Kontaminierte Materialien |
Anzahl
|
Fläche
|
Volumen / Masse
|
Betriebsflächen Bergehalden Absetzanlagen Tagebau Beton / Mauerwerk Schrott |
48 14 1 |
37,1 km² 15,4 km² 7,3 km² 1,6 km² |
311 Mio. m³
161 Mio. m³ 84 Mio. m³ 350.000 m³ 262.000 Mg |
1990 begann
eine umfassende Erhebung, um den Grad der Kontamination der betroffenen Flächen
zu bestimmen. Die gesammelten Daten wurden in einer Umweltdatenbank oder
"Register" für eine erste vorläufige Bewertung der Umweltbelastung
aufgenommen. Zu Beginn wurde in einem Gebiet von ca. 120 km2 die
Verteilung der Ortsdosisleistung bestimmt. Im Verlaufe der Datenerhebung wurden
240.000 Einzelmessungen durchgeführt, und die Ergebnisse zeigten, daß 84,7 %
der vermessenen Fläche einen hintergrundnahen Wert (Dosisleistungen < 200
nSv/h) aufwiesen. Damit war es möglich, an den verschiedenen Standorten den
Grad der Oberflächenkontamination und die Flächen mit der größten radioaktiven
Belastung zu identifizieren. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die
spezifische Aktivität der bergbaulichen Rückstände im Bereich von 200 bis 2000
Bq/kg (Ra-226) und die spezifische Aktivität der Aufbereitungsrückstände im
Bereich von 3000 bis 15000 Bq/kg (Ra-226) lag.
Es wurde ein
weiträumiges System des Umweltmonitoring geschaffen, um an allen Standorten der
WISMUT Luft, Grundwasser und Oberflächenwasser zu überwachen. Ende 1992 bestand
das Meßnetz der WISMUT aus ungefähr 1300 Meßpunkten, mit denen kontinuierlich
die Radonkonzentration, die staubgebundenen langlebigen Alphastrahler, die Kontaminanten
im Oberflächen- und Grundwasser sowie die Biomasse überwacht wurden.
Der Einrichtung
des Überwachungsnetzes folgte eine standortspezifische Analyse der
Expositionspfade. Die nachstehenden Expositionspfade gelten für die
WISMUT-Standorte als relevant:
(a) der Luftpfad;
er führt durch Inhalation von Radon und Radonfolgeprodukten sowie durch die
Inhalation von Radioaktivität in der Luft (staubgebundene langlebige
Alphastrahler),
(b) der Bodenpfad;
er ist der Grund für die durch äußere Strahlung verursachte Strahlendosis
aufgrund längeren Aufenthalts an einem in Sanierung befindlichen Standort und
durch die Ingestion von Boden,
(c) der Wasserpfad;
bei ihn wird die Exposition durch die Ingestion von kontaminiertem Wasser oder
von mit solchem Wasser bewässerten Feldfrüchten hervorgerufen.
Um die
Einhaltung der behördlichen Anforderungen zu sichern, wurde eine quantitative
Risikoabschätzung vorgenommen. Das methodologische Vorgehen verwendete eine
quantitative Analyse der potentiellen Freisetzungs- und Migrationswege
radioaktiver und anderer Kontaminanten und die Berechnung der Dosis oder des
Risikos für ein standortspezifisches Szenarium. Die radiologische Abschätzung
basiert auf dem Vergleich der errechneten effektiven Dosis mit dem empfohlenen
Grenzwert für die effektive Dosis von 1 mSv. Die Radon- und
Folgeproduktexposition ist Teil der Dosisberechnung.
Nachdem das
Sanierungserfordernis ermittelt wurde, bestand der nächste Bewertungsschritt in
der Auswahl der geeignetsten Sanierungsoption. Dieser Optimierungsschritt war
darauf ausgerichtet, die Maßnahmen zu finden, die ein optimales Gleichgewicht
zwischen Sanierungskosten und Umweltnutzen schaffen. Als Nutzen/Gewinn zählen
die Minderung der Exposition durch radioaktive und chemische Kontaminanten,
Einsparungen in der Dauer der langfristigen Wasserbehandlung/Umweltüberwachung
und, gegebenenfalls, Einsparungen bei den sozialen Kosten. Überdies werden
Naturschutz, öffentliche Akzeptanz und Bodennutzungspläne berücksichtigt. Im
Falle komplexer Objekte und Standorte wurde zur Ermittlung der optimalen
Sanierungsoption eine multi-attributive Analyse verwendet [2].
Die
Rahmenbedigungen des Stillegungs- und Sanierungsprozesses werden durch die
relevanten Gesetze, Vorschriften und durch die Einleitgenehmigungen festgelegte
Sanierungsziele bestimmt. Die Auswahl einer spezifischen Sanierungsoption, ‑maßnahme
und –technologie erfolgt innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens. Die
Vorgehensweise folgt der allgemeinen Regel von Anleitung, Planung und
Durchführung der ausgewählten standortspezifischen Sanierungslösung die ein
optimales Gleichgewicht zwischen Sanierungskosten und Umweltnutzen bei
gleichzeitiger Umsetzung/Erfüllung der Auflagen der Genehmigungsbehörden
darstellt [3]. Die technische Planung und Umsetzung der Sanierungskonzepte
erfolgt nach Überprüfung der Machbarkeit der spezifischen Lösung auf das
objekt- und standortspezifische Problem. Die Ausführung wird durch ein
umfassendes computergestütztes Projektplanungs- und –überwachungssystem und
Risikomanagement unterstützt. Ein Optimierungs-Feedback erfolgt durch die
kontinuierliche Bewertung der entstehenden technischen Daten und
betriebswirtschaftlichen Kennziffern.
Die Erfahrungen der WISMUT belegen, daß die Sanierung von
Hinterlassenschaften des Uranbergbaus und der Uranaufbereitung kein
geradliniges Projekt wie der Bau eines Gebäudes darstellt, sondern eher einen
iterativen Prozeß mit schrittweisem Vorgehen. Bevor ein Antrag auf Genehmigung
gestellt wird, sind eine oder mehrere Iterationen vorläufigen Entwurfs oder
ausgewählter Alternativen erforderlich. Eine Genehmigung für die geplante
Sanierungsmaßnahme wird selten ohne Auflagen erteilt; in der Regel wünschen die
Genehmigungsbehörden außer in den einfachsten Fällen Veränderungen am Entwurf.
Außerdem verlangt die erfolgreiche Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen eine
beständige Kommunikation mit den zuständigen Gemeindeverwaltungen und Kommunen.
Dementsprechend wird der Öffentlichkeitsarbeit eine besondere Bedeutung
beigemessen.
Bereits in der
Anfangsphase der Entwicklung eines Sanierungskonzepts wurde offensichtlich, daß
es wirtschaftlich nicht tragbar sein wird, alle Halden der WISMUT in situ zu
verwahren [4].
Ein typischer
Grund für die Umlagerung von Halden im Falle des Gebietes Schlema im Erzgebirge
war ihre unmittelbare Nachbarschaft zu Wohngebieten. Halde
"H 250" am Standort Schlema mußte z. B. aus diesem Grunde
vollkommen umgelagert werden. Nach der Umsetzung und Sanierung konnte die Fläche für die Gemeinde für Wohnbebauung
zur Verfügung gestellt werden.
Wegen des
Pyritgehalts ist das Haldenmaterial am Standort Ronneburg bei Kontakt mit der
Luft meistens säuregenerierend. Die entstehende Schwefelsäure führt zu einer
Laugung der radioaktiven und gesundheitsschädlichen Stoffe aus dem Haldenmaterial.
Dieser Prozeß kann sich über lange Zeiträume fortsetzen. Um eine große Zahl von
Problemen mit kontaminiertem Sickerwasser über eine große Fläche zu vermeiden,
wurde die Entscheidung getroffen, die meisten Halden in den Tagebau
"Lichtenberg" umzulagern. In diesem Fall wurde die Sanierung der
Halden auf günstige Art mit der Sanierung des Tagebaus kombiniert, was eine
gute Synergie der Sanierungsziele ergab. Die Reihenfolge (Teufe) des Einbaus
des Haldenmaterials (und weiterer kontaminierten Materialien) in den Tagebau
unterlag der Optimierung und war vom Grad des Säurebildungspotentials der
umgelagerten Haldenblöcke abhängig. Mittels einer optimierten Umlagerungs-,
Transport- und Einbaustrategie werden gegenwärtig täglich ungefähr 40 000 m3
Haldenmaterial umgelagert.
In einer Reihe
von Fällen führten die Umweltbewertung und die Machbarkeitsstudie
standortspezifisch zur Empfehlung, die Halden in situ zu sanieren. Die In-situ
Sanierung besteht in der Regel aus der Profilierung der Halden zu einer
geomechanisch stabilen Form und ihrer Abdeckung mit einem Abdecksystem aus
Erdstoff, das die Aufgabe hat, die Radonexhalation und äußere Strahlung zu
verringern und die Infiltration in die Halde langfristig zu begrenzen. Die
Oberfläche der Abdeckung wird begrünt, um Erosion zu verhindern und sie in die
umgebende Landschaft einzupassen. Für die Ausführung ist es wichtig,
Technologien zu wählen und einzusetzen, die die Abdeckung steiler
Böschungen (1:2 to 1:2.5) erlauben.
Ein herausragendes Beispiel einer erfolgreichen Abdeckung steiler Böschungen
stellt die "Hammerberghalde" im Zentrum der Ortschaft Schlema dar.
Diese Halde erstreckt sich über eine Fläche von nahezu 0,35 km2 und
war eine signifikante Quelle der Radonexhalation. Nach ihrer Sanierung wurde
die Halde Teil der Parklandschaft des Ortes, der sich gegenwärtig erfolgreich
zu einem Kurbad entwickelt, so wie er es vor dem Bergbau der WISMUT war.
Im Laufe der
Bergbau- und Aufbereitungstätigkeiten WISMUT wurden zahlreiche kleinere Flächen
kontaminiert, die sich im Besitz der benachbarten Gemeinden oder im
Privatbesitz befinden. Entsprechend dem Sanierungsauftrag der WISMUT wurden
diese Ländereien für eine unbedenkliche Nutzung saniert. Für die Areale, die zu
den Betriebsflächen der WISMUT, zu früheren Erzverladepunkten und
Transporttrassen gehörten, wurde die Sanierung nach nationalen
Strahlenschutzrichtlinien durchgeführt, die je nachdem, ob eine
uneingeschränkte oder eingeschränkte Nutzung nach der Sanierung beabsichtigt
ist, unterschiedliche Kontaminationsgrade vorschreibt. Die Dekontamination
einiger Standorte erfolgte häufig mit der Einschränkung der alleinigen
gewerblichen Nutzung.
Die
eingeschränkte Freigabe einer Fläche für gewerbliche Nutzung bedeutet in erster
Näherung, daß die Dekontamination auf einen Aktivitätsgrad im Boden unter 1
Bq/g vorgenommen wurde. Für die uneingeschränkte Freigabe einer kontaminierten
Fläche ist ein Sanierungsgrad von 0.2 Bq/g erforderlich. Die genannten
Sanierungswerte stellen abgeleitete Sekundärkriterien für die praktische
Feldanwendung dar und wurden aus dem Richtwert der Strahlenexposition von 1
mSv/a effektiver Personendosis über die natürliche Strahlung hinaus abgeleitet.
Bisher wurde die Sanierung von ca. 2.500,000 m2, d.h. 7 % der
betroffenen Flächen, abgeschlossen und der Besitz an die Gemeinden oder
Privatpersonen übertragen. Für die von WISMUT gepachteten und ehemals
landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden den Eigentümern für die
Einkommensverluste Kompensationen für Zeiträume zwischen 3 und 5 Jahren
gezahlt.
Die Aufbereitungstätigkeiten wurden 1989/90 eingestellt (kurzfristige
Nachproduktionsläufe dauerten bis 1991) und hinterließen insgesamt 545 ha
Absetzanlagen in Seelingstädt (Culmitzsch und Trünzig) und Crossen (Helmsdorf
und Dänkritz) mit einem Gesamttailingsvolumen von ungefähr 160 Mio. m3.
Die Hauptkennwerte der Absetzanlagen zeigt die Tabelle 2 [5].
TABELLE 2. Hauptkennwerte der Absetzanlagen der
WISMUT
Schlammteich Culmitzsch Becken A Culmitzsch Becken B Trünzig Becken A Trünzig Becken B Helmsdorf Dänkritz I Oberfläche der Tailings (ha) 158,1 75,8 66,8 48,1 205,3 18,9 Oberfläche des Freiwassers (ha) 72,7 48,3 0 36,5 139,7 12,2 Volumen der Tailings (Mio. m3) 61,3 23,6 13 6 45 4,6 Feststoffmasse (Mio. t) 64,0 27,0 13 6 48,9 6,6 Max. Mächtigkeit der Tailings (m) 72 63 30 k.A. 48 23 Unat in Feststoffen (t) 4800 2240 1500 700 5030 1052 Ra-226 in Feststoffen (1014 Bq) 7,9 2,4 1,3 0,5 5,5 0,38 Unt im Freiwasser (mg/L) 0,14 6,29 k.A.1) 1,0 6,54 1,70 Ra-226 im Freiwasser (mBq/L) 191 1232 k.A.1) 150 1300 760 Unat im Porenwasser (mg/L) 0,3 ... 3,9 1,0 ... 16,5 1,19 k.A. 2 ... 30 10 ... 85 Ra-226 im Porenwasser (mBq/L) ...
5000 ...
2300 632 k.A. 500...2000 k.A.
Auf der Grundlage einer probabilistischen Risikoabschätzung wurde mit den
Genehmigungsbehörden eine Übereinkunft erzielt, daß eine trockene Verwahrung
der Schlammteiche in situ die optimale Sanierungslösung unter den lokalen
Bedingungen darstellt [6]. In die Bewertung der spezifischen Sanierungsmaßnahmen
fanden die folgenden Faktoren Eingang:
·
Hydrologische Bewertung: Wegen der potentiellen hydrologischen Folgen
eines Dammversagens und der Nähe der Absetzanlagen Helmsdorf und Dänkritz zu
ansässigen Bewohnern (ungefähr 500 m) und zu öffentlichen Straßen (ungefähr 100
m) wurde die Sanierungsoption mit der Trockenabdeckung als die beste
Langzeitlösung bestätigt.
·
Wasserhaushalt: Genaue Kenntnis des Zulaufs und des Ablaufs aus
den Schlammteichen war für die Bewertung der Bedürfnisse der Wasserbehandlung
erforderlich. Aus der Langzeitsicht des Wasserhaushalts mußte der durch die
Konsolidierung der Tailings bedingte Sickerwasserfreisetzung hinzugefügt
werden.
·
Stabilität der Dammböschungen: Im Falle des Standortes Helmsdorf ergab
die hydrogeologische Modellierung, daß der phreatische Grundwasserspiegel in
den Tailings durch die Entfernung des Freiwassers auf ein Niveau abgesenkt
werden kann, das für den Hauptdamm im gegenwärtigen Zustand und während der
Abflachung des Dammes ausreichende Sicherheit bietet.
·
Seismische Stabilität: Die seismische Stabilität der Dämme der
Absetzanlagen (vor allem des Hauptdamms Helmsdorf) wurde untersucht und die
Stabilität sowohl für statische wie auch dynamische Belastungsbedingungen
bestätigt.
·
Drainagesystem: Nach Außerbetriebnahme der Absetzanlagen wurde
die Funktionstüchtigkeit der Drainagen nachgeprüft, und es wurden Maßnahmen
ergriffen, um ein Zusetzen zu verhindern. Zur Überwachung des Sickerwassers
wurden automatische Durchflußmessgeräte installiert.
·
Entwässerung und Einbau einer Zwischenabdeckun: Beim Bau der Zwischenabdeckung wurde das
unterschiedliche geomechanische Verhalten der sandigen Strand-, der
Feinschlamm- und der Übergangszonen berücksichtigt. Neben dem Strahlenschutz
wird mit der Zwischenabdeckung das Ziel verfolgt, die Konsolidierung der
Tailings zu induzieren und für die Trockenverwahrung eine befahrbare Oberfläche
zu schaffen.
·
Profilierung: Die endgültige Geometrie der Oberfläche wird so
gestaltet werden, daß eine gute Entwässerung in der Abdeckung und ausreichender
Abfluß von der Oberfläche möglich sind. In den Abschnitten, in denen eine
verläßliche Entwässerung gefordert wird, werden in der Regel Böschungen > 3%
benötigt. Alle ungleichmäßigen Setzungen werden während dieses Stadiums
ausgeglichen, um für die Endabdeckung eine stabile Unterlage zu schaffen.
·
Endabdeckung: Für die Endabdeckung ist ein
Mehrfunktions-Abdecksystem aus mineralischen Erdstoffen vorgesehen. Die
Gestaltung der Abdeckung wird der Neigung oder Planheit der jeweiligen
Abschnitte der profilierten Oberfläche angepaßt. Es wird eine Dichtungsschicht,
wie sie durch Bodenverdichtung oder die Verwendung von Ton in Verbindung mit
einer guten Dränage des Bodenwassers erzielbar ist, vorgesehen, um die
geforderte Verringerung der Infiltration in die Tailings in den
Böschungsbereichen zu erreichen. In den planen, plateau-ähnlichen Abschnitten
der Feinschlammoberfläche wird die Abdeckung so gestaltet, daß sich in der
Abdeckung ein sich selbst aufrechterhaltender Bodenwasserhaushalt herausbilden
kann.
·
Erosionsschutz: Die Abflachung der Außenböschungen der Dämme und
die Anpflanzung einer geeigneten Vegetation auf der Endabdeckung wird als die
wichtigste Maßnahme zum Erosionsschutz betrachtet.
·
Landschaftsgestaltung: Die Landschaftsgestaltung erfolgt mit der
Zielstellung, die Absetzanlage in die natürliche Geländeform einzupassen. Die
Entwicklung einer natürlichen Sukzession einheimischer Bäume wird gefördert.
Während des
Einbaus der Zwischenabdeckung auf den sandigen Spülstränden sind normalerweise
keine besonderen Probleme beachtet worden, da diese Bereiche bereits
konsolidiert waren. Die erzielten Fortschritte des Einbaus der
Zwischenabdeckung lagen bei rund 2 m/Tag.
Dem erhöhten
Grundbruchrisiko während des Einbaus der Zwischenabdeckung über den Tailings
mit geringer Scherfestigkeit in der Übergangszone wurde dadurch begegnet, daß
der Freiwasserspiegel abgesenkt und die natürliche Austrocknung der Tailings
begünstigt wurde. Anschließend kamen Geotextil, Geogitter aus Polypropylen und
Vertikaldräns bis in eine Teufe von 8 m zum Einsatz, um den Abbau des
Porenwasserüberdrucks zu beschleunigen. Der Einbaufortschritt und das Tempo der
Lastschüttung wurden den angetroffenen Situationen angepaßt. In der Regel wurde
auf die Tailingsoberfläche eine Schicht von 1 m Mächtigkeit eingebracht. Dieses
Vorgehen erwies sich als geeignet, sofern die Gesamtscherfestigkeiten in situ
>5 kPa gewesen sind [7]. Je nach der angetroffenen Scherfestigkeit der
Tailingsoberfläche betrugen die erzielten Einbaufortschritte ungefähr 0,5
m/Tag.
Der Entwicklung
und Prüfung von Technologien für die Konsolidierung und Abdeckung der
Feinschlämme (Scherfestigkeit <5kPa) wurde besondere Aufmerksamkeit
geschenkt. Auf Grund der sehr langsamen Konsolidierung der Feinschlämme und des
schwierigen Zugangs zu diesen Bereichen kann das für diesen Teil der
Absetzanlagen gewählte technologische Vorgehen substantielle Auswirkungen auf
die Kosten und Dauer der Sanierung haben; es erwies sich als wichtig, das
Kosten-/Zeit-Verhältnis der Kombination, Abfolge und des Zeitablaufs des
Einsatzes verschiedener Technologien zu prüfen [8].
Die
bedeutendsten Quellen von kontaminiertem Wasser bei der WISMUT sind die
Überläufe aus gefluteten Bergwerken sowie Sickerwässer aus Absetzanlagen und
Halden. Wegen der radioaktiven Inhaltsstoffe (U und Ra) und chemischer
Kontaminanten wie As, Fe und Mn im Wasser, die meist über den gesetzlichen
Grenzwerten liegen, können Grubenwässer und Sickerwässer nicht unbehandelt in
die Vorfluter eingeleitet werden. Auch andere Inhaltsstoffe wie Mg und Ca
stellen zusammen mit Sulfaten, Chloriden und Karbonaten Grenzwerte dar, weil
sie eine extreme Wasserhärte verursachen.
Die anfallenden
Wassermengen aus gefluteten Bergwerken können so gering wie 50 m3/h
(Grube Pöhla) oder so hoch wie 1000 m3/h (Grube Schlema) sein. Das
Volumen der zu behandelnden Wässer von Absetzanlagen liegt in der Regel bei
einigen Hundert Kubikmetern pro Stunde (ungefähr 250 m3/h in
Helmsdorf), wohingegen die Raten der Sickerwässer aus den Halden relativ gering
(1 bis 30 m3/h) sind.
Abhängig von
den spezifischen Standortbedingungen und dem auferlegten hydraulischen Regime
kann die hohe Kontamination in übertretenden Grubenwässern von 5 bis 25 Jahre
und länger bestehen bleiben. Die Schadstoffkonzentration im Freiwasser der
Absetzanlage verändert sich im Laufe der Zeit, da das Wasser ständig durch
Niederschläge verdünnt wird, und der Anteil des Porenwassers aus dem
Tailingskörper zunimmt. Es wird erwartet, daß der Wasseraustritt aus den
Absetzanlagen 15 bis 25 Jahre nach der Sanierung andauern kann.
Um die großen
Mengen kontaminierter Wässer aus den gefluteten Gruben zu behandeln, kommen bei
der WISMUT verschiedene Technologien der Wasserbehandlung zum Einsatz, wobei
die Art der verwendeten Technologie von den standortspezifischen Bedingungen
abhängt. Passive Behandlungsmethoden werden entwickelt und eingesetzt, um
Langzeitlösungen für die Behandlung kleinerer Mengen Sickerwasser zu schaffen.
Bei der
wirtschaftlichen Bewertung der Wasserbehandlung werden die Gesamtkosten
betrachtet, d. h. die Kosten für die gesamte Dauer der Behandlung und unter
Berücksichtigung der Immobilisierung und Entsorgung der Rückstände. Die
Investitionskosten für die Behandlungsanlagen bei der WISMUT liegen zumeist im
Bereich zwischen 7,7 und 15,4 Mio. Euro. Die an den Behandlungsanlagen
ermittelten Betriebskosten schwanken von 0,9 Euro pro m3 in Aue bis
zu 4,3 Euro pro m3 in Helmsdorf. Für die Anlagen in Ronneburg,
Seelingstädt und Königstein sind Betriebskosten in der Größenordnung von 0,75
Euro pro m3 typisch .
Der
Langzeittrend der Entwicklung der Wassergüte an den Standorten der WISMUT geht
in Richtung abnehmender Schadstofflasten, was impliziert, daß die Verwendung
konventioneller Behandlungstechnologien mit der Zeit wirtschaftlich ineffizient
werden. Eine Umstellung der Technologie von konventionellen zu alternativen (in
der Regel passiven) Behandlungsmethoden zum gegebenen Zeitpunkt dient
langfristig einer verbesserten Wirtschaftlichkeit (vgl. Abbildung 2).
Unter Nutzung
internationaler Erfahrungen wird bei der WISMUT die Machbarkeit nachstehender
Technologien zur passiven Wasserbehandlung getestet:
(a)
„Constructed
Wetland“,
(b)
reaktive
Wände, und
(c)
In-situ
Entfernung von Schadstoffen durch Mikroorganismen.
Die Bedeutung
eines gut durchdachten Vorgehens hinsichtlich Wasserbehandlung und
rechtzeitiger Anpassung an die Änderungen der Bedingungen ergibt sich aus der
Tatsache, daß der Anteil der Kosten für die Wasserbehandlung an den
Gesamtkosten der Sanierung der WISMUT ungefähr 15 % bis 20 % darstellt [9].
Abbildung 2 –
Wasserbehandlungsstrategie in Abhängigkeit von Schadstofffracht und Zeit
Sowohl die
Ausführung der Sanierungsmaßnahmen als auch das anschließende Systemverhalten
der sanierten Objekte wird an den Standorten der WISMUT überwacht. Bei der
Umweltüberwachung wird zwischen Basismonitoring und Sanierungsmonitoring
unterschieden. Zum Basismonitoring gehören die Langzeitmessungen von
Umweltemissionen, Immissionen und Auswürfe der Nachproduktions-Aktivitäten
sowie die Bewertung der Umweltauswirkungen durch die Sanierung. Das
Sanierungsmonitoring wird während der Ausführung von Sanierungsmaßnahmen
eingesetzt, um die Einhaltung der Grenzwerte der erlaubten Dosen für
Arbeitnehmer und die Bevölkerung zu kontrollieren. Die langfristige
Herausforderungen auf diesem Gebiet ist die flexible Anpassung des
Monitoringnetzes an die wechselnden Anforderungen des fortschreitenden
Projekts.
Die Betrachtung
der Nutzungsmöglichkeiten nach erfolgter Sanierung und der Anforderungen an die
Überwachung ist ein fester Bestandteil der Optimierung der Sanierungsmaßnahmen.
Die Optimierung ist normalerweise darauf gerichtet, solche Sanierungslösungen auszuwählen
und anzuwenden, die die Anzahl und/oder Größe der sanierten Flächen minimieren,
für die Nutzungseinschränkungen gelten würden. Immer wenn es möglich ist,
werden in die Projektierung Elemente eingefügt, welche das langfristige
Systemverhalten unterstützen, wodurch eine uneingeschränkte Übergabe und
nachfolgende Nutzung der sanierten Objekte/Flächen erleichtert wird.
Zur Sicherung
der langfristigen Stabilität und Unversehrtheit der für eine eingeschränkte
Nutzung sanierten Objekte/Flächen wie z.B. Absetzanlagen und Halden sowie der
Funktionsfähigkeit aller Schutzschichten werden alle realistischen
Versagensmechanismen herausgearbeitet, die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens
quantifiziert und die hypothetischen Folgen bewertet. Die Analyseergebnisse
werden in der Auslegung berücksichtigt, um tragfähige Sanierungslösungen zu
erhalten. Nichtsdestoweniger wird es langfristig immer noch ein kleines
Restrisiko verbleiben. Entsprechend den gesetzlichen Anforderungen in
Deutschland erfordert dies die Schaffung eines Regimes der institutionellen
Kontrolle der sanierten Objekte durch die Regierung und die Auswahl eines für
diese Aufgabe verantwortlichen Rechtssubjekts. Die Laste der Instandsetzung im
Falle eines unerwarteten Versagens tragen sowohl die Regierung als auch der
Nachsanierungs-Eigentümer des Objekts oder der Fläche.
In bezug auf den Bedarf und die Umfang von Überwachung und Instandhaltung
unterscheidet WISMUT zwischen (a) einer Nachsanierungs-Phase und (b) einer
Langzeit-Phase. Während beider Phasen kann die Verpflichtung bestehen, das
kontaminierte Wasser zu behandeln, seismische Überwachung und Senkungsmessungen
auszuführen und die Immission in der Nähe der Fläche/des Objekts (in Luft,
Wasser und Vorflutern) zu überwachen. In einem Monitoring- und Überwachungsplan
werden die Häufigkeit der Messungen, die Aufzeichnungen und die
Berichterstattung verzeichnet. Bei Inspektionen am Standort wird der Zustand
der Entwässerung, von Gräben und Sickerwasserfassungssystemen, möglicher
Eingriff durch Menschen, die Dammstabilität und Oberflächenschäden, sowie
Erosionsrinnen, Bioturbation und der Zustand der Vegetation kontrolliert.
Das
Stillegungs- und Sanierungsprojekt WISMUT läuft jetzt seit zehn Jahren, und
etwa die Hälfte der gesamten Sanierung ist vollzogen. Bis Ende 2001 sind
ungefähr 3,7 Mrd. Euro in die Sanierung investiert worden, darin eingeschlossen
sind auch die Kosten für die Umstrukturierung der WISMUT und Abfindungen für
die Verringerung der Zahl der Beschäftigten auf gegenwärtig ca. 2.900 ein. Per
Juni 2002 war der Stand der Sanierung wie folgt:
10.1 unter Tage Grubenbaue
abgeworfen Schächte und
Tagesöffnungen verfüllt Verwahrung
tagesnaher Grubenbaue 10.2 über Tage Anlagen/Gebäude
abgebrochen Halden
abgetragen/umgelagert Halden
abgedeckt Tagebau
Lichtenberg verfüllt Absetzanlagen
zwischenabgedeckt Flächen
saniert |
|
Gesamtarbeiten
1,440 km 1,400. 103
m3 14,200 m3 735,000
m3 146
Mio. m³ 4.8
Mio. m³ 127
Mio. m³ 7,6
Mio. m3 1,530 ha |
Seit Beginn der Sanierung ist das Ausmaß der kontaminierten Standorte in
der Größe substantiell verringert, und die radiologische Situation ist durch
die Verringerung der Emissionen signifikant verbessert worden. Für die noch zu
sanierenden Standorte und Objekte liegen machbare Konzepte vor.
Nichtsdestoweniger
hat uns die Erfahrung der vergangenen Jahre gelehrt, dass eine schematische
Übertragung konzeptioneller Pläne von einem Standort/ Objekt zu einem anderen
keineswegs eine Garantie für die effizienteste Lösung darstellt. Die
Herausforderung besteht auch weiterhin darin, Sanierungslösungen dadurch zu
optimieren, dass sie standortspezifischen Bedingungen angepasst werden. Zu
diesem Zweck werden für komplexe Situationen mit multiplen
Kontaminationsquellen wie z. B. an Standorten auf denen Schlammteiche, Halden
und kontaminierte Flächen in Wechselwirkung auftreten, „Konzeptionelle
Standortmodelle“ erarbeitet, welche die Planung der einzelnen
Sanierungsmaßnahmen bei gleichzeitiger
Beachtung der Verhältnismäßigkeit aus der Sicht des Gesamtstandortes ermöglicht
[10].
Dennoch bleiben selbst nach Abschluss der Sanierung einige langfristige
Aufgaben zu erfüllen, u.a.:
(a) Behandlung des kontaminierten Wassers; (b) Pflege und Instandhaltung
von Behilfseinrichtungen; (c) Pflege und Instandhaltung de sanierten
Flächen/Objekte; (d) Bergschadenkontrolle und Entschädigung, und (e)
Umweltüberwachung
Abschließend
muss festgestellt werden, dass eine erfolgreiche Sanierung die Einbeziehung und
das Vertrauen der örtlichen oder kommunalen Entscheidungsträger und der finanziell
und politisch Beteiligten in den Sanierungsprozeß erfordert. Nur mit der
Unterstützung aller dieser Interessengruppen kann die Sanierung eines
devastierten Gebietes zu einer erfolgreichen Revitalisierung führen, was das
eigentliche Anliegen jeder großflächigen Sanierung ist.
REFERENZEN
1. Hagen, M., R.Gatzweiler and A. T. Jakubick,
“Status and Outlook for the Wismut Remediation Project in the States of
Thuringia and Saxony, Germany”, Proceedings of the International Conference
“Radiation Legacy of the 20th Century” (RADLEG-2000), MINATOM, IAEA,
EC and RAS, Moscow, Oct. 30 to Nov. 2, 2000.
2. Roberds, W., C.Voss and Jakubick, A.T., C.
Kunze, F.Pelz, „ Multi-Attribute Decision Analysis of Remediation Options for
Uranium Mill Tailings Impoundment in Eastern Germany“, Inter. Topical Meeting
on Probabilistic Safety Assessment: Moving toward Risk-Based Regulation, ANS
Meeting, Park City, Utah, September 29-October 3, 1996
3. Gatzweiler, R., A.T. Jakubick, F. Pelz, „ WISMUT-Sanierung: Konzepte
und Technologien“, Geowissenschaften, Organ der Alfred-Wegener-Stiftung, Verlag
für Architektur und technische Wissenschaften GmbH, 14.Jahrgang, Nr. 11,
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