ihre
geotouristische und geodidaktische Funktion
Sehr
geehrte Damen und Herren,
im
Jahre 2000 hat der deutsche Schieferfachverband seine Jahrestagung in Mähren
durchgeführt. Die Leitung hatte Herr RnDr. Stanislav Stanek aus Zlate Hory, der
uns den aktiven und historischen Schieferbergbau mit viel Einfühlungsvermögen
näher brachte und uns auch das von ihm geschaffene Schiefermuseum in Budisov
nad Budisovkou zeigte.
Wir
wollen die guten Verbindungen zum Anlaß nehmen, um über eine deutsche
Schieferregion zu berichten.
Es gibt in Deutschland mittlerweile mehrere Dutzend Touristikstraßen der verschiedensten thematischen Bezüge, aber nur wenige mit montanistisch-geowissenschaftlicher Widmung.
Es
sind dies die Silberstraße des Westerzgebirges, die Straße der Braunkohle in
Mitteldeutschland, die „Route der Industriekultur“ im Ruhrgebiet (Steinkohle),
die Hunsrück Schiefer- und Burgenstraße und eben die Thüringisch-Fränkische
Schieferstraße.
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Anläßlich der Eröffnung des Steinacher Schiefermuseums in Steinach/Thür im April 1990 wurde durch Dr. Vogel die Idee einer Thüringisch-Fränkischen Schieferstraße geboren, Partner gesucht und gefunden, so daß in den Folgejahren das Konzept der Schieferstraße Schritt für Schritt umgesetzt wurde.
Einfach war die Umsetzung nicht, denn diese Schieferstraße berührt die beiden Bundesländer Thüringen und Bayern, 5 Landkreise, 21 Kommunen und man sollte auch bedenken, daß in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung andere Probleme Vorrang hatten.
Die
Schieferstraße führt von Steinach in Thüringen bis nach Geroldsgrün in
Oberfranken und hat eine Länge von ca. 95 km.
Geologisch
gesehen verläuft sie über die tektonischen Großelemente Schwarzburger
Antiklinorium, Frankenwälder Querzone und Teuschnitz -Ziegenrücker
Synklinorium, die den Bauplan des Thüringisch-Fränkischen Schiefergebirges
bestimmen.
Die
Schieferstraße bewegt sich dabei in der Schichtenfolge vom Ordovizium mit
seinem Griffelschieferhorizont bis zum Unterkarbon und dessen
Dachschieferlagern.
Thüringisch-Fränkische
Schieferstrasse |
Der
Leitgedanke für die Benennung einer Schieferstraße war, daß in Deutschland nur
in diesem Grenzgebiet zwischen Thüringen und Oberfranken diese genannte breite
Schichtenfolge aufgeschlossen ist. Man muß auch berücksichtigen, daß in diesem
ehemaligen Notstandsgebiet bis in die 30-er Jahre die Menschen alle das gleiche
Problem hatten – wie schaffen wir Nahrungsmittel zum Überleben. Dies formte die
Menschen, prägte sie und so sollten mit einer verbindenden Schieferstraße auch
die Leistungen der Altvorderen anerkannt und gewürdigt werden. Wie ist das
besser möglich, als wenn man die schieferbezogenen musealen Einrichtungen mit
den zahlreichen Geotopen, den bergbau-historischen Sachzeugen und den noch
produzierenden Schieferbergbau durch das Band der Straße miteinander verknüpft.
Prägte
die Natur mit ihren nährstoffarmen Schieferböden die Menschen, so prägten die
Menschen mit der Schieferarchitektur ihre Ortschaften und mit den vielen
auffälligen Halden und Schieferbrüchen des früheren und noch aktiven Bergbaus
das Landschaftsbild.
Die
geodidaktische Zielstellung für das Projekt Schieferstraße bestand vorrangig
darin, die Geologie des Gebietes sowie die Gewinnung, Verarbeitung und
Verwendung des Dach-, Tafel- und Griffelschiefers früher und heute
öffentlichkeitswirksam darzustellen und zu propagieren. Diese Aufgabe obliegt
vor allem den Schiefermuseen durch zweckentsprechende Präsentation und
Erläuterung ihrer Schauobjekte, unterstützt durch diverse Broschüren,
Faltblätter und zwei Schriftenreihen der Vereine in Steinach und Lehesten.
Ausgehend von den dadurch erlangten
oder vertieften Kenntnissen können die Besucher dann die an bzw. in der Nähe
der Schieferstraße liegenden Objekte, insbesondere die natürlichen und
bergbaulich geschaffenen Aufschlüsse mit größerem
Verständnis
aufsuchen. Gleiches gilt natürlich auch für die sonstigen Sehenswürdigkeiten
entlang der Schieferstraße.
Zu den Schiefermuseen
im Einzelnen:
Bild:
natürlicher Zerfall des Griffelschiefers |
Das Deutsche Schiefermuseum Steinach legt den regionalen Schwerpunkt auf die umfassende Präsentation des Griffelschiefers in lagerstättlicher -, gewinnungs- und verarbeitungstechnischer Hinsicht sowie in dessen früherer Verwendung als schulischer Schreibstift auf der Schiefertafel.
Steinach besaß das Weltmonopol für Schiefergriffel. In rund 450 Jahren wurden ca. 28 bis 30 Milliarden Stück Schiefergriffel hergestellt. Natürlich finden auch andere Aspekte der Thematik „Griffel“ Berücksichtigung, schwerpunktmäßig die soziale Lage der Schieferarbeiter oder der Griffelhandel.
Entsprechend
dem verpflichtenden Namen „Deutsches Schiefermuseum“ wird das Thema „Schiefer
in Deutschland“ unter den verschiedensten Gesichtspunkten behandelt: die
Vorkommen, die schieferproduzierenden und –verarbeitenden Betriebe,
Schiefermuseen und –schaubergwerke, Dachdeckerschulen, Schieferdeckerhandwerk,
der Philatelie, der Numismatik usw.
Im
Schiefermuseum Ludwigsstadt in Oberfranken wird vorrangig die frühere
ortsansässige Schiefertafelproduktion anhand der originalen Ausrüstung der
letzten bis 1989 produzierenden Tafelfabrik demonstriert. Neben der Geologie
des Ludwigstädter Umlandes und dessen vor Jahrzehnten ebenfalls erloschenen
Schieferbergbaus und seiner Geschichte wird auch hier das
Schieferdeckerhandwerk gebührend gewürdigt.
Das
technische Denkmal Historischer Schieferbergbau Lehesten zeigt als
Industriemuseum die Gewinnungs-, Förder- und Verarbeitungstechnik des
Dachschiefers unmittelbar an einem der größten Schiefertagebaue, dessen
Ursprünge bis ins 13. Jahrhundert zurück reichen. Neben der in originaler Bausubstanz
erhaltenen Göpelschachtanlage lassen die z. T. handgeschrämten Steilwände die
Stratigraphie und Tektonik des unterkarbonischen Dachschiefers gut erkennen.
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Bild:
Blick in den Staatsbruch |
Bild:
Technisches Denkmal Lehesten |
Seit
dem vergangenen Jahr rundet das mit einem Seilfahrtsschacht ausgestattete
Besucherbergwerk Dachschiefergrube Lehesten den musealen Komplex des
„Staatsbruches“ ab.
Zusammen
mit dem technischen Denkmal ist die Besuchergrube in den Thüringer Schieferpark
Lehesten integriert. Herr Werner Liebeskind hatte hier vor einigen Jahren zu
diesem Museumskomplex in Lehesten einen Vortrag gehalten.
Zu den Geotopen:
Entlang
der Schieferstraße existiert eine Vielzahl ehemaliger Schieferbrüche, sowohl im
Griffel – als auch im Dachschiefer, von denen einige aufgrund ihrer
geowissenschaftlichen Aussagekraft durchaus das Prädikat „bedeutend“ verdienen.
Die wesentlichsten dieser Tagebaurestlöcher werden in der Broschüre über die
Schieferstraße benannt und in Lageskizzen markiert.
Im
Raum Steinach-Spechtsbrunn konzentrieren sich die Griffelbrüche. Zu nennen sind
hier besonders diejenigen am Fellberg, dem größten Griffelbruchareal Europas.
Durch
den weiteren Verlauf der Straße werden eine Vielzahl ehemaliger
Dachschieferbrüche erschlossen, von denen ich hier nur den Bereich Unterloquitz
-Probstzella- Lehesten (Thüringen) sowie Dürrenwaid-Geroldsgrün (Bayern)
namentlich nennen möchte.
Neben
dem bereits genannten Staatsbruch Lehesten ist vor allem der Oertelsbruch bei
Lehesten hervorzuheben, der als größter des europäischen Festlands gilt.
Sowohl
der Staats – als auch der Oertelsbruch wurden inzwischen als Naturschutzgebiete
ausgewiesen. Wir erwarten, daß der Antrag, das Gebiet als Flora-Fauna-Habitat
in die Europäische Naturschutzkategorie aufzunehmen, bestätigt wird.
Außer
den bergbaulich geschaffenen Aufschlüssen tangiert die Schieferstraße häufig
natürlich entstandenen. Zu nennen wäre beispielsweise das Nord-Süd-Profil in
und bei der Stadt Steinach vom Ordovizium mit seinen Eisenerzhorizonten bis zum
Unterkarbon (jeder Schritt in Nord-Süd-Richtung erschließt ca. 22.000 Jahre
Erdgeschichte), desgleichen die Altpaläozoikumaufschlüsse bei
Ebersdorf-Ludwigsstadt.
Als
„besonders wertvoll“ ist das an der Oberloquitzer Mühle anstehende, als
Naturdenkmal geschützte Profil mit der Silur-Devon-Grenze einzustufen.
Der heute noch aktive
Schieferbergbau:
Nachdem
die Tiefbaugrube Lehesten mit dem Abbau der Vorräte 1999 stillgelegt und danach
zum Schaubergwerk umgestaltet und die Grube „Glückauf“ Unterloquitz im Jahre
2000 gestundet wurde, existieren nur noch 3 betriebene Gewinnungsstätten im
Thüringisch-Fränkischen Schiefergebirge:
Bild: Schieferwerk Lotharheil |
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der Tagebau
des Blähschieferwerkes Unterloquitz (in Abbau stehen hier die Bordenschiefer im
Hangenden des Dachschieferlagers) und
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der
Dachschiefer- und Werksteintagebau Schmiedebach im NO-Feld des Oertelsbruchs
mit der angeschlossenen modernen Verarbeitungsanlage der Vereinigten
Thüringischen Schiefergruben GmbH & Co. KG sowie
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als letzte
oberfränkische Gewinnungsstätte die kleine Tiefbaugrube des Schieferwerkes
Lotharheil bei Geroldsgrün (letztere liefert allerdings nur Schieferplatten für
Werksteinerzeugnisse).
Bild:
Schiefergrube Lotharheil |
Eine Anzahl von Lehrpfaden sowie ausgeschilderten und beschrifteten Wanderwegen untersetzen zusätzlich die Thüringisch-Fränkische-Schieferstraße.
Der
Schieferlehrpfad Probstzella-Lehesten-Ludwigsstadt wurde von der
Naturparkverwaltung Thüringer Schiefergebirge/ Obere Saale eingerichtet und mit
vielen Informations- und Orientierungstafeln versehen. Er ist eine wertvolle
Ergänzung zur Schieferstraße. Eine kleine Broschüre erläutert die
Sehenswürdigkeiten der Route.
Durch
die Stadt Leutenberg wurde ferner ein „Bergbau-Geologischer Wanderweg um
Leutenberg“ angelegt, der außer dem ehemaligen Dachschieferbergbau auch den
alten bescheidenen Erzbergbau und die Standorte der Schmelzhütte sowie eines
Vitriolwerkes einschließt.
In
Steinach wurde ein geologisch-historischer Wanderweg geschaffen.
Die
geotouristische Funktion der Schieferstraße erschöpft sich – wie eingangs schon
erwähnt – nicht in der Aneinanderreihung von musealen Einrichtungen und
Geotopen. Die Landschaft und vor allem auch die Orte mit ihren Schieferdächern
und verschieferten Fassaden sind durchweg sehenswert. Es gibt viele Beispiele
ausgezeichneter Schieferdeckerkunst. Als Besonderheit gelten die
Stanniolverzierungen mancher Häuser.
Bild:
stanniolverzierte Fassade Bild: hohe Kunst des
Schieferdeckerhandwerks |
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Die
1910 gegründete, 1992 nach längerer Unterbrechung wiedergegründete
Dachdeckerschule Lehesten gewährleistet die Fortführung der handwerklichen
Tradition gerade auch der Schieferdeckung.
Ihrer
überregionalen Bedeutung wegen ist die Schule sowohl in die Schieferstraße als
auch in den Schieferlehrpfad eingebunden worden.
Der
ehemals mächtige und dominierende Wirtschaftszweig im Thüringisch-Fränkischen
Schiefergebirge hat heute an Bedeutung ganz wesentlich verloren. Um so größer
ist das Interesse der Bevölkerung und der Touristen, doch mehr über die Arbeit
vorheriger Generationen zu erfahren und um insbesondere bei Schiefergriffeln
und –tafeln in nostalgischen Schulerinnerungen zu schwelgen. Hinzu kommt, daß
ein Bergwerk und ein Technisches Denkmal, immer einen Anziehungspunkt
darstellen. Die Thüringisch-Fränkische Schieferstraße hat daran einen nicht
unerheblichen Anteil.
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Bild:
Seilfahrtschacht des Besucherbergwerkes Lehesten
Autoren:
Dr.
Reiner Schubert, Enzianstraße 9, D 07545 Gera
Dr.
Jochen Vogel, Steinbächlein 9, D 96523 Steinach/Thür.