Dr. Helmut Wolf T 7

Besucherbergwerke in Bayern

Bayern zählt zu den mineralreichsten Regionen Deutschlands. Schon in der Keltenzeit ging Bergbau auf Eisenerz, Graphit und Gold um. Spuren dieser Tätigkeit sind auch heute noch im Gelände zu verfolgen. Nach Kupfer, Blei, Silber und Zinn grub man im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit. Ebenso beutete man schon früh die Salzlagerstätten aus. Im 20. Jahrhundert gewann man Sulfiderze, Steinkohle, Braunkohle und insbesondere erlangten die Lagerstätten der Steine und Erden immer stärker an Bedeutung. Abgebaut wurden die Rohstoffe Kaolin, Ton, Bentonit, Feldspat, Flußspat, Schwerspat, Kieselerde, Talk und Speckstein. Nach 1960 erfolgte die bergmännische Erschließung der Uranerzvorkommen im Grundgebirge, eine Gewinnung wurde jedoch mangels ausreichender Vorräte nicht begonnen.

Die reiche Bergbaugeschichte gehört heute bereits weitgehend der Vergangenheit an. Der Untertagebergbau in Bayern ist in den letzten zwei Jahrzehnten bis auf wenige Ausnahmen eingestellt worden. Einerseits waren die Lagerstätten erschöpft, andererseits kam es zu Stillegungen wegen Insolvenzen. Als Hauptgrund dürfte wohl die Unwirtschaftlichkeit der kleinen Vorkommen gegenüber großen Lagerstätten im außereuropäischen Ausland gewesen sein. Die Tagebaue für Steine und Erden in Bayern sind hingegen noch in Betrieb. So stellt die Bayerische Steine- und Erdenindustrie mit über 5 Mio. Euro pro Jahr einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor in Bayern dar.

Überlegungen, die stillgelegten Untertagebetriebe Besuchern zugänglich zu machen, gab es schon Anfang des 20. Jahrhunderts. So baute zunächst das Deutsche Museum in München in den Kellergeschossen eine Bergbauabteilung ein, die als großer Anziehungspunkt eine Vorreiterrolle einnahm. Aber auch in den Bergbaubetrieben selbst, wie z. B. im Salzbergwerk Berchtesgaden oder im Silberberg in Bodenmais begann man in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts schließlich, in den alten Stollen eine Besucherführung einzurichten. Die Verwirklichung konnte nur dort erfolgen, wo es die gebirgstechnischen Gegebenheiten zuließen und die Wasserhaltung kein Problem darstellt. Im wesentlichen traf diese Voraussetzung im Stollenbetrieb zu. Bei den Eisenerzgruben im Oberpfälzer Revier, die durch Schächte erschlossen sind, mußte ein solches Vorhaben scheitern.

Nach der Gründungswelle zahlreicher kleiner Museen in Bayern in den Jahren nach 1970, setzte mit einer gewissen Zeitverzögerung auch in den Grubenrevieren Bayerns ein Trend zur Schaffung von Besucherbergwerken ein. Im Jahr 2002 sind in Bayern rund 12 Besucherbergwerke bekannt.

Das Salzbergwerk Berchtesgaden, seit 1517 in Betrieb, ist zweifellos das größte. Jährlich fahren hier mehrere Hunderttausend Besucher ein. In der Magnetkieslagerstätte Silberberg in Bodenmais (im 14. Jh. in Betrieb, um 1960 stillgelegt), ist der 600 m lange Barbarastollen als Besuchereinfahrt ausgebaut. Pläne, das wesentlich größere Grubengebäude weiter für Besucher zu erschließen, wurden vorerst zurückgestellt. Mit über 100.000 Personen pro Jahr ist die Grube ausgelastet.

Geringere Besucherzahlen weisen die nachstehenden Besucherbergwerke auf:

Das Graphitwerk Kropfmühl in der Nähe von Passau, eine noch produzierende Grube, in der Flockengraphit abgebaut wird. Das Hämatitbergwerk Gleißinger Fels in Fichtelberg steht stellvertretend für die reiche Bergbaugeschichte im Fichtelgebirge.

In einem ehemaligen Zweigwerk Bodenmais wurde in der stillgelegten Fürstenzeche in Lam im Bayerischen Wald ein Besucherbergwerk eingerichtet, das "historische Silber- und Flußspatbergwerk".

Das Flußspatbergwerk Reichhartschacht in Stulln bei Nabburg war das erste

Besucherbergwerk in der Oberpfalz, das 1980 eröffnet wurde. Es folgten weitere Ganglagerstätten, wie das historische Schmucksteinbergwerk Silberschacht in Bach an der Donau, in dem bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts Flußspat gewonnen wurde und als jüngstes, im Jahr 2000 eröffnet, das Flußspatbesucherbergwerk Kocherstollen in Wölsendorf bei Nabburg.

Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurden an zahlreichen Orten Bayerns sowohl Seifengold als auch Berggold gewonnen. An den frühen Goldbergbau erinnern in Goldkronach der Schmutzler-Stollen und der Stollen "Mittlerer Name Gottes".

Dem Bergbau auf die oberbayerische Pechkohle, der bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts umging, widmen sich das Bergbaumuseum in Peißenberg mit dem Tiefstollen 2 und das Bergwerksmuseum Penzberg. Die tertiäre Pechkohle, durch tektonische Überprägung von Braunkohle entstanden, wurde in mehreren Gruben bis in Teufen von 1200 m abgebaut.

Zu den bedeutendsten Lagerstätten in Bayern gehören die Eisenerzvorkommen in der Oberpfalz und Oberfrankens. Der Bergbau wurde hier mit dem Konkurs des größten Eisenwerkes in Süddeutschland 1987 eingestellt. Besucherbergwerke sind infolge der technischen Schwierigkeiten im eigentliche Sinn nicht vorhanden, lediglich das Stollenmundloch des Erwein-Stollens der Grube "Kleiner Johannes" in Pegnitz (seit 2000 zugänglich). Hier wurde Doggererz abgbaut. In den Tagesanlagen der Maffeischächte der Grube Auerbach-Nitzlbuch (seit 2000 zugänglich), die von 1904 bis 1978 in Betrieb waren und hinsichtlich der Erzförderung der Oberpfälzer Kreideerze als größte Grube bezeichnet werden kann, wurde ein Bergbaumuseum eingerichtet. Auch im Maxstollen in Sulzbach-Rosenberg wird die Bergbautechnik in der Gewinnung und Förderung gezeigt und mit weiteren Geräten und Maschinen ein Bild des historischen Bergbaus vermittelt.

Außenstelle des Bergbau- und Industriemuseums sind heute die Maffeischächte. Das Museum war auch maßgeblich an der Verwirklichung des Fluorit-Besucherbergwerkes Reichhartschacht im Raum Nabburg beteiligt. Derzeit wird ein Konzept erarbeitet, im Raum Hirschau - Schnaittenbach, dem größten Kaolinrevier Deutschlands, ein Kaolinschaubergwerk einzurichten. Hier soll neben dem aktiven Bergbau, der noch einige Jahrzehnte laufen dürfte, in einem aufgelösten Tagebau die historische Gewinnung, Förderung und Aufbereitung gezeigt werden.

Die Eröffnung von Besucherbergwerken ging einher mit der Schließung der Gruben. Dies ist eine mögliche Alternative, die reiche Bergbaugeschichte, anschaulich dargestellt, zu dokumentieren. Ausnahmen bildet das Salzbergwerk Berchtesgaden und das Graphitwerk Kropfmühl. Hier läuft neben dem regulären Bergbaubetrieb die Besucherführung in den eigens hergerichteten abgebauten Revieren.

Entgegen den über 900 bekannten staatlichen und nichtstaatlichen Museen in Bayern, bei denen entweder der Staat, der Bezirk, der Landkreis oder die Gemeinde die Trägerschaft inne hat - vereinzelt sind auch Vereine oder Einzelpersonen Träger des Museums - sind bei den Besucherbergwerken Firmen, Privatpersonen oder Vereine im wesentlichen mit der Trägerschaft betraut. Daraus resultieren natürlich stärker als bei den Museen privatwirtschaftliche Gesichtspunkte. Dies hat Vorteile, weil man sich stärker dem Wettbewerb stellen muß, jedoch auch Nachteile, weil Kompromisse an die Besucher unausweichlich sind.

Eine gute Einnahmequelle für einige Besucherbergwerke stellen die sogenannten Heilstollen dar. Solche Einrichtungen existieren in den Besucherbergwerken Berchtesgaden, Bodenmais und Lam. Nicht nur dem "Grubenwasser" wird von Bergleuten Erquickung nachgesagt, die staubfreie Luft, die gleichmäßig hohe Luftfeuchtigkeit, die konstant niedrigen Temperaturen bringen nach wenigen Wochen Therapie eine Linderung bei Atembeschwerden und allergische Reaktionen der Haut. So kommt zum Teil auch dem Besucherbergwerk die Funktion als Gesundheitselixier zu.