Liebeskind, Werner Dipl.-Ing. (FH)
Glückauf-Str. 17
07349 Lehesten
Tel.: 036653 22444
Hochwertiger
Dachschiefer, seine langjährige fachmännische Gewinnung, Verarbeitung und
Verdeckung begründen den einzigartigen Ruf der Stadt als historisches Zentrum
des Thüringer Schieferbergbaues und des Schieferdeckerhandwerkes.
Bild 1 - Bruch 1 und Bruch 2 mit Ausgang
Besucherbergwerk
Mit der Erschöpfung
der Lagerstätte auf dem Staatsbruch im März 1999lief die Produktion aus. Der
seit dem 13. Jahrhundert auf dem Staatsbruch, einen der zwei
Schiefergroßbetriebe, umgehende Schieferbergbau war Geschichte.
Bild 2 – Der letzte Hunt – Blaues Gold -
In meinem Vortrag
1999 über den Lehestener Schieferbergbau als Tradition und Verpflichtung habe
ich Ausführungen
-
zur
geschichtlichen Entwicklung und Bedeutung des Schieferbergbaues in der Region
Lehesten
-
zum Technischen
Denkmal „Historischer Schieferbergbau Lehesten“
-
zur
Schieferstraße und zum Schieferlehrpfad
Bild 3 – Gebäudekomplex – Technisches Denkmal
Historischer Schieferbergbau
Lehesten
gemacht und das
Gesamtvorhaben – Thüringer Schieferpark Lehesten – vorgestellt.
Bild 4 – Fördergerüst 4
Heute möchte ich
über unser Besucherbergwerk sprechen, da es zwischenzeitlich eröffnet wurde und
für die Industriekultur wie auch für den Techniktourismus eine echte
Bereicherung darstellt.
Bild 5 – An der Lampenstation des Schachtes 4
Die Gewinnung des
Rohsteines für die Dach- und Wandschieferproduktion sowie für Werksteine
erfolge ab 1973 ausschließlich unter Tage. Dazu war in den fünfziger Jahren ein
neues Grubengebäude mit zwei Seigerschächten und mehreren Sohlen aufgefahren
worden.
Über einen
Hilfsschacht (Schacht 3) wurden die Sohlen 524 m (Sohle 3) und 550 m (Sohle 2)
angelegt und an den abgeteuften Hauptschacht (Schacht 4) angeschlossen. Die
Auffahrung der 577 m-Sohle (Sohle 1) erfolgte aus dem Tagebau heraus.
In den siebziger
Jahren wurden die noch unterhalb der 524 m-Sohle anstehenden Lager über die 500
m-Sohle (Sohle 4) ausgebaut. Die Förderung wurde durch einen Gestellberg
zwischen der 524 m-Sohle und der 500 m-Sohle gelöst.
Auf der 577 m-Sohle
waren 15 Abbaue angelegt. 1972 war das Lager erschöpft, sämtliche Einbauten
wurden geraubt, die Sohle abgeworfen und verwahrt.
Diese 577 m-Sohle
(Sohle 1) repräsentiert sehr umfassend den traditionellen untertägigen Abbau
eines Dachschieferlagers im Raum Lehesten.
Dabei sind
-
der Thüringer
Hohlbau
ein Strossenbau mit fallender Abbaurichtung
ebenso vertreten wie
-
der rheinische
Langkammerbau
ein Firstenstoßbau mit seigerer Abbaurichtung und schwebenden Verhieb.
Neben der
vorherrschend gleisgebundenen Abbauförderung ist auch die herkömmliche
Förderung über Rohsteinrutschen vorhanden. Besonders aber das Vorhandensein
eines zweiten Zuganges (Fluchtweg) und die räumliche Erstreckung der 577
m-Sohle führten zur Auswahl für den
Aufbau eines Besucherbergwerkes.
Mit dem Auslauf der
Gewinnung im März 1999 wurden die Schachtanlage und große Teile des Betriebes
unter Schutz gestellt und es begann der Aufbau des Besucherbergwerkes. In enger
Zusammenarbeit besonders mit dem Thüringer Bergamt aber auch mit den Behörden
des Denkmalschutzes und des Naturschutzes konnten die Anforderungen erfüllt
bzw. Lösungen gefunden werden.
Auf der Grundlage
eines Betriebsplanes ergaben sich die Schwerpunkte
Bild 8 – 577 m-Sohle Füllortbereich
Am 01. 07. 2001, zum
traditionellen Bergmannsfest, wurde das Besucherbergwerk eröffnet.
In Anwesenheit des
Ministers für Finanzen des Landes Thüringen und Stellvertreter des
Ministerpräsidenten, Herrn Trautvetter, unserer Landrätin, Frau Phillip und
vieler Vertreter von Institutionen und Behörden sowie Helfern und Freunden
konnte bei zünftiger Blasmusik die erste Einfahrt erfolgen.
Die Besucher fahren
mit dem Förderkorb des Seilfahrtsschachtes nach entsprechender Ausrüstung und
Einkleidung von der Rasenhängebank (658 m) zur 577 m-Sohle. Der Förderkorb kann
16 Personen aufnehmen, die Gruppenstärke für den Führer ist auf maximal 30
Personen zugelassen.
Bild 12 – 577 m-Sohle, Anfahrt der Besucher
Schon im
Füllortbereich werden Erläuterungen zur Geologie, zur Wetterführung und
Wasserhaltung sowie zur Bohr- und Sprengtechnik gegeben. Vor Ort eingesetzte
Bohr- und Ladetechnik wird in ihrer Wirkungsweise und Leistung demonstriert
bzw. vorgeführt.
In der Förderung ist
vor allem die Haspelberg-Förderung aus den rheinischen Abbauen interessant.
Bild 13 – Haspelberg eines rheinischen Abbaues
Auf einer im Versatz
ausgehaltenen und mit Holz abgedeckten schiefen Ebene mit einer Neigung von ca.
30° war die übliche
Technologie.
Aber auch die bis in
die sechziger Jahre praktizierte Rutschentechnologie ist noch vorhanden und wir
in die Führung einbezogen.
Bild 14 -
Rohsteinrutsche eines rheinischen Abbaues
Bergmännischer
Ausbau in Holz und Trockenmauerwerk sind vielfach sichtbar und
Gehören zur
Tagesarbeit des Bergmanns.
mit Wettertafel und Schild – Ausweichnische -
Besonders
beeindruckend sind Verockerungen und Versinterungen, die in einen
wasserführenden Bereich nur in den letzten 40 Jahren entstanden sind.
Diese
Mineralisationen sind im Schieferbergbau nicht häufig und bereichern die
Attraktivität des Besucherbergwerkes.
Bild 17 – Ein Stalagtit nach 40 Jahren
Bild 18 – Wunder der Natur
Nach der Befahrung
eines rheinischen und thüringischen Abbaues erlebt der Besucher die
herkömmliche Technologie zum Auffahren eines Überhaues.
Bild 19 – Firstsicherung durch Holzausbau mit
Kappeneisen
Bild 20 – Ein rheinischer Langkammerbau
Bild 21 – Ein Thüringer Hohlbau, teilweise verfüllt
Bild 22 – Altes Überhauen mit Rutschenmaul und Fahrt
Nach etwa 500 m
Fahrweg wird das Stollenmundloch zum Tagebau erreicht. Die Überraschung ist
groß.
Bild 23 – Die Rückwände des Tagebaues – Alter Bruch
-
Die dem Mundloch
gegenüber stehende seigere Rückwand des Tagebaues – Alter Bruch – (bergamtliche
Bezeichnung) hat eine Höhe von 80 m und weist deutlich die Spuren der
unterschiedlichen Auffahr- bzw. Schrämtechnologien nach.
Auf einer Fläche von
mehreren hundert m² sind zu sehen
Bild 24 – Handgeschrämte Felswände im Tagebau
-
Handschrämen
mittels Schlägel und Eisen
-
Bohr- und
Sprengarbeit (auch Handbohren)
-
Perforieren mit
mechanischer Stegzertrümmerung
-
Maschinenschrämen
(Stoßschrämmaschinen der Fa. Ingersoll, seit etwa 1900)
Somit ist die
Rückwand des – Alten Bruches – ein Originalstück für die Entwicklung der
Schrämtechnologie von den Wurzeln des Lehestener Schieferbergbaues (13.
Jahrhundert) bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.
Bedingt durch die
Nährstoffarmut des Schiefergesteins, aber auch durch das vorhandene Mikroklima
ist der Tagebau Heimstatt seltener Tiere und Pflanzen. Nicht wenige sind vom
Aussterben bedroht und zählen zu den gefährdeten Arten. So ist zum Beispiel
auch in der Rückwand des – Alten Bruches – seit vielen Jahren der Uhu zu Hause.
Im Jahr 2001 wurde
folgerichtig der Tagebau zum
Naturschutzgebiet erklärt.
Der im
Mundlochbereich an der Rückwand eingebrachte Unterwerksbau (Senkung) dient noch
heute als Wasserspeicher für die Hauptwasserhaltung der Grube. Die Wässer
werden kontrolliert über Bohrungen durch den Schacht 3 der Hauptwasser-
haltung zugeführt.
Über das Mundloch
geht es auf direktem Weg zurück zum Schacht 4 zur Ausfahrt. Nach etwa 90
erlebnisreichen Minuten ist die Führung zu Ende.
Leider gibt es im
Trägerbetrieb vor allem durch die allgemeine Misere im Bauwesen
Finanzierungsprobleme. Vorgesehene Arbeiten wie
-
Erneuerung der
Stollenmundlochsicherung und
-
Anlegen eines
Führungsweges im Tagebau zum technischen Denkmal – Historischer Schieferbergbau
Lehesten –
konnten nicht
erledigt werden.
Trotzdem, das
Besucherbergwerk wird gut angenommen und Fachleute wie auch interessierte
Besucher sind über die Erlebnisse erstaunt und zufrieden.
Bleibt mir zu
hoffen, dass ich Ihr Interesse wecken konnte.
Bis bald mal in der
Berg- und Schieferstadt Lehesten
Glückauf